Leitsatz

Eine Geschäftsveräußerung i. S. des § 1 Abs. 1a UStG liegt auch vor, wenn einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen nicht mitübereignet worden sind, sofern sie dem Übernehmer langfristig zur Nutzung überlassen werden und eine dauerhafte Fortführung des Unternehmens oder des gesondert geführten Betriebes durch den Übernehmer gewährleistet ist.

 

Sachverhalt

Der Kläger betrieb bis zum 31.12.1995 eine Metzgerei; seine Produkte verkaufte er über 3 Verkaufslokale. Ein Verkaufslokal samt Produktionsräumen befand sich auf einem ihm und seiner Ehefrau jeweils zur Hälfte gehörenden Grundstück. Auch das zweite Geschäftslokal befand sich in einem dem Kläger und seiner Ehefrau jeweils zur Hälfte gehörenden Haus. Im Umfang des der Ehefrau gehörenden Miteigentumsanteils hatte der Kläger die Verkaufsräume von ihr gemietet. Das dritte Verkaufslokal war insgesamt von einem Dritten gemietet.

Mit Vertrag vom 30.12.1995 übertrug der Kläger sein Einzelunternehmen "inklusive Waren- und Lagerbestand, Materialien, Einrichtungsgegenständen, Maschinen, Geräte und Werkzeuge" an eine – aus seinem Sohn und seiner Tochter bestehende – GbR gegen Zahlung von 50 000 DM. Nicht übertragen wurden der ertragsteuerrechtlich zum Betriebsvermögen des Einzelunternehmens gehörende Miteigentumsanteil an den Grundstücken und der dem Unternehmen zugeordnete PKW. Der Kläger und seine Ehefrau schlossen jedoch mit der GbR hinsichtlich der ihnen als Miteigentümer gehörenden, bis dahin durch den Metzgereibetrieb des Klägers genutzten Produktions- und Verkaufsräume langfristige Mietverträge ab. Auch den Mietvertrag für das von einem Dritten gemietete Verkaufslokal konnte die GbR übernehmen. Der Kläger beurteilte diesen Vorgang als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG.

Das Finanzamt verneinte eine Geschäftsveräußerung i. S. des § 1 Abs. 1a UStG, weil wegen des Zurückbehalts des Grundstücks nicht alle wesentlichen Geschäftsgrundlagen übertragen worden seien. Es ging von Umsätzen zum Regelsteuersatz in Höhe von 466 433 DM und zum ermäßigten Steuersatz in Höhe von 31 538 DM aus. Die Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Im Grundsatz folgte er der Auffassung des Klägers, er habe nichtsteuerbar sein Geschäft im Ganzen veräußert. Er dehnt nunmehr die Grundsätze seines Urteils vom 15.10.1998[1], auf die Übertragung jeden Unternehmensvermögens aus.

Nach dem Besprechungsurteil bedeutet die Übertragung eines Unternehmens oder eines in der Gliederung des Unternehmens gesonderten Teils "im ganzen" gem. § 1 Abs. 1a UStG – auch bei richtlinienkonformer Auslegung[2] – zwar, dass eine organische Zusammenfassung von Sachen und Rechten übertragen wird, die dem Erwerber die Fortführung des Unternehmens oder des in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Teils ohne großen finanziellen Aufwand ermöglicht. Es ist aber nicht erforderlich, dass alle Wirtschaftsgüter, insbesondere auch die dem Unternehmen dienenden Grundstücke übereignet werden. Unter Berücksichtigung des Ziels der umsatzsteuerrechtlichen Regelung, die Nichtsteuerbarkeit auf die Fälle zu begrenzen, in denen der Erwerber Unternehmer ist und das Unternehmen fortführt, um einen unversteuerten Letztverbrauch zu vermeiden, genügt es, wenn ein Betriebsgrundstück dem Erwerber – wie im Streitfall – durch ein langfristiges Nutzungsrecht überlassen wird, das die dauerhafte "Fortführung" des Unternehmens ermöglicht.

Noch zu klären waren folgende Bereiche: Werden bei einer Geschäftsveräußerung einzelne Wirtschaftsgüter – wie im Streitfall der Pkw – zurückbehalten, kann insoweit eine – jetzt nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG – steuerbar Entnahme vorliegen. Auch eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 UStG kommt in Betracht. Insoweit waren Feststellungen durch das FG nachzuholen.

 

Praxishinweis

Da im Fall des BFH-Urteils vom 15.10.1998[3] die "einzelnen wesentlichen Betriebsgrundlagen" die Grundstücke des Landwirts, also die Basis des Unternehmens waren, mochte die Entscheidung vielleicht nicht auf den ersten Blick einleuchten. Der vorliegende Sachverhalt ist insoweit "harmloser". Letztlich handelt es sich aber auch hier umeine Art von "Betriebsaufspaltung": Der übertragende Unternehmer gibt sein bisheriges Unternehmen auf, beginnt aber mit der "langfristigen Nutzungsüberlassung" (i. d.R. Verpachtung) der ihm verbleibenden wesentlichen Betriebsgrundlagen ein neues Unternehmen. Der Übernehmer verfügt nun zwar über das "sonstige Betriebsvermögen". Die Weiterführung des übernommenen "Altbetriebs" ist ihm aber nur aufgrund der Pacht der wesentlichen Betriebsgrundlagen (wie bei einer Betriebsgesellschaft) möglich. Ein so gestalteter Vorgang der Betriebsaufgabe hat Ähnlichkeit mit einer Betriebsverpachtung. Die Vereinfachungswirkung der Nichtsteuerbarkeit einer Gesamtveräußerung kann nicht voll eingreifen.

Der BFH geht zwar vom Ziel der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe zur Geschäftsveräußerung aus, nämlich "die Nichtsteuerbarkeit auf die Fälle zu ...

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