Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Der BFH hat dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Liegt eine "Übertragung" eines Gesamtvermögens nach Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG vor, wenn ein Unternehmer den Warenbestand und die Geschäftsausstattung seines Einzelhandelsgeschäfts an einen Erwerber übereignet und ihm das in seinem Eigentum stehende Ladenlokal lediglich vermietet?
2. Kommt es dabei darauf an, ob das Ladenlokal durch einen auf lange Dauer abgeschlossenen Mietvertrag zur Nutzung überlassen wurde oder ob der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit läuft und von beiden Parteien kurzfristig kündbar ist?
Sachverhalt
Im Urteilsfall betrieb die Steuerpflichtige ein Einzelhandelsgeschäft mit Sportartikeln in einem in ihrem Eigentum stehenden Ladenlokal. Später veräußerte sie den Warenbestand und die Geschäftsausstattung an eine GmbH, der sie den Laden auf unbestimmte Zeit vermietete. Der Mietvertrag konnte von jeder Partei spätestens am 3. Werktag eines Kalendervierteljahrs zum Ablauf des folgenden Kalendervierteljahrs gekündigt werden. Die Steuerpflichtige ging hinsichtlich der Veräußerung des Warenbestands und der Geschäftsausstattung von einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen aus. Dagegen setzte das Finanzamt Umsatzsteuer fest.
Nach § 1 Abs. 1a UStG liegt eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der Erwerber tritt an die Stelle des Veräußerers. Da die Steuerpflichtige das Ladenlokal der GmbH statt zu veräußern nur vermietete, bestehen nach Auffassung des BFH Zweifel, ob hier von einer "Übertragung" eines Gesamtvermögens nach Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG ausgegangen werden kann.
Sollte auch bei der Vermietung des Ladenlokals eine Geschäftsveräußerung vorliegen können, muss der EuGH zusätzlich klären, ob es dabei darauf ankommt, ob der Laden durch einen auf lange Dauer abgeschlossenen Mietvertrag zur Nutzung überlassen wurde oder ob der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit läuft und von beiden Parteien kurzfristig kündbar ist.
Hinweis
Nach Abschn. 5 Abs. 1 UStR liegt eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vor, wenn einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen langfristig zur Nutzung überlassen werden und eine dauerhafte Unternehmensfortführung durch den Übernehmer gewährleistet ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss v. 14.7.2010, XI R 27/08.