Leitsatz
Die unentgeltliche Übertragung eines Bauunternehmens durch den Unternehmer an seinen Sohn kann auch dann als nicht steuerbare Teilgeschäftsveräußerung beurteilt werden, wenn dem Sohn das Betriebsgrundstück für zehn Jahremit Verlängerungsoption zur Fortführung des Bauunternehmens vermietet wird.
Problematik
Ein Bauunternehmer hatte 1985 auf einem eigenen Grundstück eine Lagerhalle errichtet, die er als Lager und Maschinenabstellplatz nutzte. Zum 1. 1. 1995 erklärte er die Betriebsaufgabe und übertrug seinem Sohn das Anlagevermögen seines Bauunternehmens unentgeltlich. Das Betriebsgrundstück behielt er zurück und vermietete es seinem Sohn für zehn Jahre (mit der Möglichkeit der Vertragsverlängerung) zum Betrieb eines Bauunternehmens.
Der Bauunternehmer vertrat die Auffassung, die Betriebsübertragung sei nach § 1 Abs. 1 a UStG als Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar. Das verneinte das Finanzamt wegen vorheriger Entnahme des Betriebsgrundstücks, das eine wesentliche Betriebsgrundlage für das Unternehmen gewesen sei. Die Entnahme des Grundstücks behandelte das Finanzamt als steuerfrei und besteuerte nur die übrigen an den Sohn unentgeltlich übertragenen und die für eigene nichtunternehmerische Zwecke entnommenen Gegenstände (Pkw und Kopierer).
Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigte die Auffassung des Unternehmers. Nach der neueren "Geschäftsveräußerungsrechtsprechung" ist unschädlich, dass einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen nicht mitübereignet werden, wenn deren langfristige Nutzungsüberlassung dem Übernehmer die dauerhafte "Fortführung" des Unternehmens ermöglicht. Diese Voraussetzungen waren mit der Vermietung des bebauten Grundstücks über die Dauer von zehn Jahren mit jährlicher Verlängerung erfüllt. Ferner waren bei dem Alter des Unternehmers und den besonderen persönlichen Beziehungen zu seinem Sohn als Mieter keine Anhaltspunkte vorhanden, dass das Mietverhältnis vorzeitig (einverständlich) beendet und nicht nach Ablauf der ordentlichen Laufzeit fortgesetzt wird. Der Sohn führt das Baugeschäft, wie vorher der Unternehmer selbst, fort.
Die Sache wurde aber an das Finanzgericht zurückverwiesen, weil zu klären war, ob der Unternehmer das mit der Lagerhalle bebaute Grundstück steuerfrei vermietet hat (mit der Folge einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG).
Konsequenzen für die Praxis
Mit dem Besprechungsfall setzt der BFH die "Verbreiterung" des Anwendungsbereichs der nichtsteuerbaren Geschäftsveräußerung fort. Mit der vom BFH vertretenen Auslegung kommen auch die Unternehmensübergaben insbes. im Familienbereich in den Genuss der umsatzsteuerlichen Nichterfassung (als nichtsteuerbare Umsätze), bei denen sich die übergebende ältere Generation zur eigenen Sicherheit die Betriebsgrundstücke zurückbehält und nur langfristig dem Übernehmer zur Nutzung überlässt. Der übergebende Unternehmer begründet allerdings dann mit der entgeltlichen Nutzungsüberlassung ein Vermietungs-/Verpachtungsunternehmen. Wird auch dieses später der nächsten Generation übertragen, stellt sich erneut die Frage der Geschäftsveräußerung.
Gemeinschaftsrechtlich ist der Anwendungsbereich der Geschäftsveräußerung allerdings noch nicht abschließend geklärt. Mit einer Entscheidung des EuGH ist wohl noch in diesem Jahr zu rechnen (Verfahren Zita Modes in der Rechtssache C-497/01). Der BFH geht jedenfalls bisher von einer an der 6. EG-Richtlinie orientierten Begriffsauslegung aus. Hier widersprach er der noch häufig vertretenen Ansicht, für die Neuregelung seien dieselben Grundsätze maßgeblich wie bei § 75 AO (Haftung des Betriebsübernehmers) und bei § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Veräußerung des Betriebs).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.11.2002, V R 3/01