Leitsatz (amtlich)
Ein geschlossener Immobilienfonds, für den interessierte Kapitalanleger mit dem Versprechen von Einkommensteuerminderungen durch Verlustzuweisungen geworben und nach dessen Ergebnisvorschau die Kapitaleinlagen im Wesentlichen durch Steuerersparnisse finanziert werden, ist jedenfalls dann als Verlustzuweisungsgesellschaft zu beurteilen, wenn der Fonds aufgrund einer absehbaren maßgebenden Überschuldung nicht dauerhaft überlebensfähig ist und (daher) mit einem Ausscheiden seiner Gesellschafter zu einem Zeitpunkt rechnen muss, zu dem nach der Konzeption des Fonds kein Gesamtüberschuss erzielt werden kann.
Sachverhalt
Ein Kreditinstitut hatte 1979 ein notleidendes Immobilienobjekt in einen geschlossenen Immobilienfonds, die C-KG, eingebracht. Nach der - auch aus dem Verkaufsprospekt erkennbaren - Konzeption des Fonds war davon auszugehen, dass rd. 65 Mio. DM Fremdkapital nicht getilgt und auf 50 Mio. DM davon auch keine Zinsen gezahlt werden würden, da die vereinbarte Mindestmiete von 4,8 Mio. DM die laufenden Ausgaben des Fonds nicht decken würde. Deshalb war eine weitere laufende Kreditlinie notwendig, die mit einer zweiten Hypothek abzusichern war. Das zweite Darlehen sollte innerhalb von etwa 10 Jahren - nämlich bis 1990 - auf rd. 45 Mio. DM steigen. Zum 31.12.1990 hatten die Anleger das Recht, ihre Beteiligungen gegen Zahlung eines bankgarantierten Auseinandersetzungsguthabens an einen Gründungsgesellschafter zu übertragen. Nach vergeblichen Rettungsversuchen wurde das Immobilienobjekt des Fonds dann 1990 für rd. 30 Mio. DM versteigert. Auf die Klage mehrerer Anleger wurde das Kreditinstitut 1993 zu Schadenersatzzahlungen verurteilt. Die Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für die C-KG und die Gesellschafter wiesen für die Jahre 1979 bis 1985 Werbungskosten-Überschüsse aus. Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass weder auf der Ebene der Gesellschaft noch auf der Ebene der Gesellschafter der C-KG eine Einkünfteerzielungsabsicht festzustellen sei. Es erließ daher für die Streitjahre 1979 bis 1985 negative Feststellungsbescheide. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Absicht, einen Totalüberschuss zu erzielen, ist eine innere Tatsache, die nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis oder auch nur Beweisanzeichen (Indizien) liefern können. Die Feststellung, ob im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt, hat das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung als Tatfrage zu entscheiden. Das Revisionsgericht kann - neben der Überprüfung der insoweit maßgebenden Kriterien - die Feststellungen des FG nur darauf überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen; die Schlussfolgerungen des FG sind rechtmäßig, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die Beurteilung des FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 1. Das FG hat seine Entscheidung zunächst darauf gestützt, dass es sich bei der C-KG ausweislich der Angaben im Prospekt um eine Verlustzuweisungsgesellschaft gehandelt habe. Es hat sich hierbei zu Recht daran orientiert, dass bei einer Gesellschaft, deren Initiatoren selbst oder durch Dritte - meist durch Prospekte - interessierte Kapitalanleger mit dem Versprechen von ESt-Minderungen durch Verlustzuweisungen werben und nach deren Ergebnisvorschau die Kapitaleinlagen regelmäßig ganz oder teilweise durch Steuerersparnisse finanziert werden, das Streben nach einem Totalüberschuss von persönlichen Gründen, nämlich nach der Erzielung von ESt-Ersparnissen, verdrängt wird. Das FG ist dann zu der Überzeugung gelangt, die Kläger hätten den ihnen obliegenden Nachweis, dass gleichwohl aus der Sicht der Zeit der Gründung der Gesellschaft die Wahrscheinlichkeit bestanden habe, durch Nutzung des Objektes langfristig Überschüsse zum Ausgleich der Anlaufverluste erzielen zu können, nicht erbracht. Vielmehr sprächen viele Indizien dafür, dass die wirtschaftlich nicht dauerhaft überlebensfähige C-KG mit einem planmäßigen Ausscheiden ihrer Kommanditisten ihre Struktur als Publikumsgesellschaft verlieren und danach durch Verwertung des Immobilienobjektes abgewickelt werden sollte.
- Die Gesellschaft habe zudem davon ausgehen müssen, dass ihre Kommanditisten bis zum 31.12.1990 ausscheiden würden; eine auf 10 Jahre beschränkte Beteiligung der Anleger als konzeptionsimmanentes Wesensmerkmal der C-KG ergebe sich aus einer Reihe von objektiven Merkmalen.
- Die Würdigung des FG ist gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den BFH bindend, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die maßgebenden zugrunde liegenden Feststellungen verfahrensrechtlich nicht einwandfrei zustande gekommen sind, und die Gesamtwürdigung des...