Rz. 980
Jeder Gesellschafter ist berechtigt, an der Gesellschafterversammlung teilzunehmen. Dies gilt auch für den Fall, dass das Stimmrecht ausgeschlossen ist. Das Teilnahmerecht ist – im Gegensatz zum Stimmrecht – grundsätzlich unentziehbar. Mehrere Mitberechtigte an Geschäftsanteilen haben ein Teilnahmerecht, sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung in Form einer Beschränkung der Teilnahme durch einen gemeinsamen Vertreter vorsieht.
Rz. 981
Ein Teilnahmerecht anstelle des Gesellschafters haben gerichtlich bestellte Amtswalter. Dazu gehören Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker. Bevollmächtigte haben dagegen kein eigenes Teilnahmerecht, sondern üben dies für den Vollmachtgeber aus. In solchen Fällen besteht kein Anspruch gegenüber der Gesellschaft, dass neben dem Bevollmächtigten auch dem Gesellschafter als Vollmachtgeber die Teilnahme gestattet wird. Die Beschränkung der Teilnahme auf lediglich einen Vertreter in Fällen, in denen mehrere Personen bevollmächtigt wurden, ist grundsätzlich sogar ohne eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag möglich.
Rz. 982
Für Gesellschafter, die geschäftsunfähig (insbesondere Kinder unter sieben Jahren, § 104 Nr. 1 BGB) oder als Minderjährige beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB) sind, nehmen deren gesetzliche Vertreter (§ 1629 BGB), das heißt in der Regel deren beide Eltern, mit eigenem Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung teil.
Rz. 983
Volljährige Gesellschafter, die unter Betreuung (§§ 1896 ff. BGB) stehen und bei denen der Aufgabenkreis des Betreuers (§ 1902 BGB) auch die Gesellschafterrechte umfasst, sind in der Regel neben ihrem Betreuer berechtigt, an der Gesellschafterversammlung teilzunehmen. Dies gilt selbst dann, wenn vom Gericht für die Ausübung des Stimmrechts ein Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 Abs. 1 BGB) angeordnet wurde. Wenn allerdings der volljährige Betreute auch geschäftsunfähig gemäß § 104 Nr. 2 BGB ist (krankhafte Störung der Geistestätigkeit), nimmt nur der Betreuer an der Versammlung teil.
Rz. 984
Umstritten ist, ob das Teilnahmerecht juristischer Personen bzw. Personenhandelsgesellschaften nur durch ein Vorstandsmitglied bzw. einen Gesellschafter ausgeübt wird, das/der einzelvertretungsberechtigt ist. Im Fall einer Gesamtvertretungsbefugnis muss ggf. dem Vorstandsmitglied bzw. dem Gesellschafter eine Einzelvertretungsbefugnis erteilt werden. Die Beschränkung auf das Teilnahmerecht für eine Person gilt auch im Fall, dass die juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft mehrere Geschäftsanteile hält.
Rz. 985
Organmitglieder, das heißt Geschäftsführer, Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats oder eines sonstigen freiwilligen Organs (zum Beispiel Beirat) haben – sofern sie nicht auch Gesellschafter sind – kein Teilnahmerecht, können aber durch Beschluss der Gesellschafterversammlung zugelassen werden. Im Fall einer GmbH, die den Mitbestimmungsgesetzen unterliegt, bzw. bei externen Kapitalverwaltungsgesellschaften mit einer Pflicht zur Einrichtung eines Aufsichtsrats (insbesondere gemäß DrittelbG, MitbestG, KAGB), sollen die Mitglieder der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats an der Gesellschafterversammlung teilnehmen (§ 118 Abs. 3 Satz 1 AktG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Hs. 2 DrittelbG; § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG; § 18 Abs. 2 Satz 3 KAGB).
Rz. 986
Ein Teilnahmerecht für Dritte kann, wenn dafür sachliche Gründe vorliegen, im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden. Die Zulassung Dritter ohne gesellschaftsvertragliche Grundlage alleine durch Mehrheitsbeschluss ist ebenfalls nur bei Vorliegen sachlicher Gründe möglich.
Rz. 987
Sachverständige und Berater (insbesondere Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer) können auf Antrag einzelner Gesellschafter, wenn eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag fehlt, zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung nur durch Beschluss der Gesellschafterversammlung zugelassen werden. In Ausnahmefällen kann ein Anspruch eines einzelnen Gesellschafters bestehen, vor allem bei schwerwiegenden Entscheidungen und fehlender eigener Sachkunde.
Rz. 988
Jeder anwesende Gesellschafter – sowie ggf. sein Vertreter – hat in der Gesellschafterversammlung ein Rede- und Antragsrecht. Dazu gehört das Recht, an den Beratungen teilzunehmen, das Wort zu ergreifen und in angemessenem Umfang mündliche Ausführungen zu machen (Rederecht). Das Antragsrecht umfasst den Anspruch, Anträge zur Beschlussfassung zu stellen.