Leitsatz

Die zivilrechtlichen Grundsätze über fehlerhafte Personengesellschaftsverhältnisse einschließlich derjenigen über den fehlerhaften Beitritt zu einer Personengesellschaft sind auch im Grunderwerbsteuerrecht zu beachten.

 

Sachverhalt

1994 bot E einer grundbesitzenden GbR mit einem Gesellschaftskapital von 30000 DM in notarieller Form den Beitritt an und verpflichtete sich, einen Gesellschaftsbeitrag von 7,1 Mio. DM aufzubringen. E erteilte dem Geschäftsführer der GbR verschiedene Vollmachten, die dieser auch einsetzte. Seinen Gesellschaftsbeitrag leistete E 1996. Im Jahr 1997 nahm die GbR das Beitrittsangebot des E in notarieller Form an. Das Finanzamt meinte, E sei der GbR erst 1997 beigetreten und setzte wegen eines nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerpflichtigen Gesellschafterwechsels Grunderwerbsteuer gegen die GbR fest. Die GbR ist dagegen der Ansicht, der Gesellschafterwechsel sei bereits 1996 erfolgt.

 

Entscheidung

Nach § 1 Abs. 2a GrEStG ist der Wechsel im Personenstand einer Personengesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen steuerpflichtig. Die Vorschrift ist gemäß § 23 Abs. 3 GrEStG erstmals auf Rechtsgeschäfte anzuwenden, die die Voraussetzungen der Norm nach dem 31.12.1996 erfüllen. Änderungen im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft, die vor dem 1.1.1997 vorgenommen worden sind, sind nicht zu berücksichtigen[1].

Hier hat sich der Gesellschafterbestand der GbR auch ohne die Annahme des Angebots seitens der GbR bereits 1996 geändert. Denn zivilrechtlich ist eine "fehlerhaft gegründete" Gesellschaft aus Gründen des Verkehrsschutzes für Dritte und des Bestandsschutzes für die Gesellschafter wegen eines Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrunds regelmäßig nicht von Anfang an unwirksam, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft. Dies gilt auch für den fehlerhaften Beitritt zu einer GbR. Bis zur Geltendmachung des Fehlers ist der vollzogene Beitritt grundsätzlich voll wirksam. Ein Beitritt ist z.B. vollzogen, wenn der Beitretende Beiträge geleistet oder gesellschaftsvertragliche Rechte ausgeübt hat. Diese zivilrechtlichen Grundsätze sind auch bei der Auslegung und Anwendung grunderwerbsteuerrechtlicher Vorschriften zu beachten. Danach hatte E seinen Beitritt zur GbR bereits 1996 durch Leistung der in seinem Beitrittsangebot vorgesehenen Einlage an die GbR wirksam vollzogen.

 

Praxishinweis

Die zivilrechtliche "Vorverlegung" des Gesellschafterwechsels auf den Zeitpunkt des "wirksamen Vollzugs" des Beitritts des Neugesellschafters ist grunderwerbsteuerrechtlich zweischneidig. Im Urteilsfall wirkte sich die Zivilrechtslage für den Steuerpflichtigen günstig aus; im Rahmen des § 5 Abs. 3 GrEStG und dessen 5-Jahresfrist kann sich das Blatt hingegen wenden, wenn sich die Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesamthänders aufgrund "fehlerhaften" und damit gleichwohl voll wirksamen Beitritts eines Dritten verringert.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 20.10.2004, II R 54/02

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