Am zweiten Januar 2016 war es zehn Jahre her, dass die Eissporthalle in Bad Reichenhall einstürzte und dabei 15 Menschen zu Tode kamen. Sie wurde im Auftrag der Stadt Bad Reichenhall in den Jahren 1971 bis 1973 nach dem Entwurf des Architekten Hans Jürgen Schmidt-Schicketanz zum Preis von 15,37 Millionen DM erbaut. An die Eishalle schlossen sich eine Schwimmhalle und ein Restaurant an, unter der Eislauffläche befand sich eine Tiefgarage. Die Dachkonstruktion bestand aus Hohlkasten-Trägern als Hauptträgern, rechtwinklig zu ihnen war das Dach mit einer sehr steifen Ausfachung versehen. Anfang 2010 wurde auf einem kleinen Teilstück des vormaligen Eishallenareals eine Gedenkstätte errichtet, die am 20. November 2010 offiziell eingeweiht wurde.
Im November 2008 verurteilte das Landgericht Traunstein den Dachkonstrukteur der städtischen Halle wegen fahrlässiger Tötung zu eineinhalb Jahren Bewährungsstrafe. Einen Sachverständigen und einen Architekten sprach die Große Strafkammer frei. Die Staatsanwaltschaft legte jedoch Berufung ein. Tatsächlich kassierte der Bundesgerichtshof (BGH) den Freispruch des Gutachters. In der Neuauflage des Verfahrens wurde der Angeklagte, der im Auftrag der Stadt der über 30 Jahre alten Eislaufhalle drei Jahre vor dem Einsturz in einem lt. Gericht nicht angemessen vergüteten Gutachten noch einen guten Zustand bescheinigt hatte, im Herbst 2011 abermals freigesprochen.
Im Mai 2006 wurden alle städtischen Gebäude in Bad Reichenhall auf ihre Sicherheit und den baulichen Zustand hin überprüft. Danach wurden 40 Millionen Euro in die Sicherheit, Modernisierung und den Neubau städtischer Häuser investiert.
Das Ergebnis einer bundesweiten Umfrage unter etwa 700 Prüfingenieuren, die 950 Gebäude nach dem Vorfall 2006 statisch untersucht hatten, war: 52 Prozent aller untersuchten Bauwerke – vorwiegend Sportanlagen und Einkaufsmärkte – waren mit derartigen statischen Mängeln behaftet, dass eine Nachbesserung innerhalb einer bestimmten Frist erforderlich war. Fünf Prozent waren so mangelhaft, dass sie sogar geschlossen werden mussten.
Nach dem tragischen Unglück von Bad Reichenhall hatte die Niedersächsische Ministerin und Vorsitzende der Bauministerkonferenz, Mechthild Ross-Luttmann, am 6. Februar 2006 das Thema Bausicherheit auf die Tagesordnung der 112. Bauministerkonferenz gesetzt. Dazu erging folgender Beschluss:
Konsequenzen aus dem Halleneinsturz in Bad Reichenhall
"Die Bauminister/-innen und Senator/-innen bedauern, dass der Einsturz der Eislaufhalle in Bad Reichenhall den Tod vieler Menschen verursacht hat. Sie drücken den Opfern und Hinterbliebenen ihr tief empfundenes Mitgefühl aus."
"Die Bauministerkonferenz nimmt den Zwischenbericht des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bau- und Wohnungswesen zur Kenntnis. Die Bauministerkonferenz betont die Verantwortlichkeit der öffentlichen und privaten Bauherren und Eigentümer, Gebäude stets in einem verkehrssicheren Zustand zu erhalten. (...)"
Nach § 823 BGB ist der Eigentümer einer Immobilie zuständig für die Verkehrssicherung seines Gebäudes. Zunehmend wird die Verkehrssicherungspflicht von deutschen Gerichten restriktiv ausgelegt, sodass eine umfangreiche Überwachung hinsichtlich der Verkehrssicherheit des Wohnungsbestandes notwendig ist.
Die Anforderungen zur Überwachung der Verkehrssicherheit im Wohnungsbestand sind in Gesetzen, Verordnungen, Satzungen, Normen und den "allgemein anerkannten Regeln der Technik" festgelegt. Die Gerichte ziehen im Schadensfall nicht nur die speziell für den Wohnungsbau geltenden Normen zur Beurteilung heran, sondern beziehen auch andere Regelungen aus dem Gewerbebereich z. B. Arbeitsstättenrichtlinien, Unfallverhütungsvorschriften und berufsgenossenschaftliche Regeln mit ein. Unterschiedliche Überwachungspflichten von der Außenanlage bis hin zur Gasfeuerstättenwartung sind zu beachten.
Bei einem Wohngebäude können dies über 100 Prüfbereiche sein, die regelmäßig im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht zu überwachen sind.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch findet man einen Paragrafen mit dem Titel "Verkehrssicherungspflicht" nicht ohne Weiteres. Die Regelung dazu leitet sich aus der allgemeinen Schadenersatzpflicht im Bürgerlichen Gesetzbuch ab.
Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht wird aus § 823 Abs. 1 BGB hergeleitet. Der Bundesgerichtshof hat in seinen Leitsätzen den Begriff der "Verkehrssicherungspflicht" folgendermaßen definiert: "Die Verkehrssicherungspflicht folgt aus dem Grundsatz, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft, d. h. sie selbst hervorruft oder sie in seinem Einflussbereich andauern lässt, die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu treffen hat, damit sich die potenziellen Gefahren nicht zum Schaden anderer auswirken."
Bei Grundstücken und Gebäuden trifft die allgemeine Verkehrssicherungspflicht denjenigen, der den Zutritt zu seinem Grundstück für Dritte eröffnet. Der Verantwortliche hat die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz Dritter vor Gefahrenquellen zu schaffen. Eine absolute Sicherheit...