Rechtsgrundlage
Der Bundesgerichtshof hat zur Verkehrssicherungspflicht festgestellt: "Der Verkehrssicherungspflicht ist genügt, wenn die nach dem jeweiligen Stand der Erfahrung und Technik als geeignet und genügend erscheinenden Sicherungen getroffen sind".
Der Begriff der "anerkannten Regeln der Technik (aRdT)" bedarf der Auslegung durch die Gerichte, die sich letztlich auf Sachverständigengutachten stützen. Die aRdT beschreiben den grundsätzlich geschuldeten Mindeststandard bei den werkvertraglich zu erbringenden Leistungen und dienen als Gradmesser für die Beurteilung derselben. Bei den aRdT handelt es sich um sog. unbestimmte Rechtsbegriffe, die lediglich eine "Leitfunktion" haben. Sie konkretisieren die jeweiligen fachlichen und spezifizierten Anforderungen, definiert werden diese durch die Verfasser des Regelwerks.
DIN/Normen
In einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Einzäunung eines zur Löschwasserversorgung vorgesehenen Teiches heißt es, dass dieser der DIN 14210 entsprechen müsse. Nach dieser DIN-Norm muss ein Löschwasserteich mindestens 1,25 m hoch umfriedet sein:
"Nach ständiger Rechtsprechung des Senats spiegeln die DIN-Normen den Stand für die betroffenen Kreise geltenden anerkannten Regeln der Technik wider und sind somit zur Bestimmung des nach der Verkehrsauffassung zur Sicherheit Gebotenen in besonderer Weise geeignet (...). So sagt auch Bl. 1 Ziffer 2 Abs. 2 S. 2 der DIN 820 von Februar 1974 über die Grundsätze der Normungsarbeit, dass die Normung der Sicherheit von Menschen und Sachen diene."
Bei Regenrückhaltebecken ist sogar eine Umzäunung von 1,80 m vorgegeben.
Maßgeblich sind die anerkannten Regeln der Technik bzw. Schutzgesetze, die zum Zeitpunkt der Abnahme der jeweiligen baulichen Anlage gegolten haben. Eine Anpassung ist aber erforderlich, wenn offensichtlich eine Gefahr für Leib und Leben besteht. In der Landesbauordnung von Nordrhein-Westfalen (siehe unten) ist dies im Einzelnen geregelt. In den anderen Bundesländern ist die Abwägung zum Bestandsschutz nicht so detailliert geregelt. Die Regelung gibt aber allgemein eine sinnvolle Orientierung zu vorzunehmenden Abwägungsschritten bei Handlungsbedarf und gibt Hinweise bei wesentlichen konstruktiven Änderungen.
§ 87 BauO NRW Bestehende Anlagen und Einrichtungen
(1) Entsprechen rechtmäßig bestehende bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 nicht den Vorschriften dieses Gesetzes oder Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes, so kann verlangt werden, dass die Anlagen diesen Vorschriften angepasst werden, wenn dies im Einzelfall wegen der Sicherheit für Leben oder Gesundheit erforderlich ist.
(2) Sollen bauliche Anlagen wesentlich geändert werden, so kann gefordert werden, dass auch die nicht unmittelbar berührten Teile der Anlage mit diesem Gesetz oder den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften in Einklang gebracht werden, wenn die Bauteile, die diesen Vorschriften nicht mehr entsprechen, mit den Änderungen in einem konstruktiven Zusammenhang stehen
und die Durchführung dieser Vorschriften bei den von den Änderungen nicht berührten Teilen der baulichen Anlage keine unzumutbaren Mehrkosten verursacht.
Nachrüstverpflichtung lt. BGH
Im sogenannten TÜV-Urteil hat der BGH wichtige Hinweise zu der Frage gegeben, ab welchem Zeitraum bei Änderung der technischen Regeln eine Nachrüstverpflichtung des Eigentümers bzw. Betreibers besteht, wenn keine ausdrücklichen Übergangsfristen in den technischen Regeln genannt worden sind. Dementsprechend muss der Betreiber Änderungen des technischen Regelwerks nachverfolgen oder hier ggf. durch die Wartungsfirma nachverfolgen lassen. Hier einige Auszüge aus der Urteilsbegründung:
BGB § 823 Abs. 1 Dc
Zur Frage einer Nachrüstungspflicht des Verkehrssicherungspflichtigen für bestehende technische Anlagen (hier: halbautomatische Glastür als Zugang zu einem Geldautomaten einer Bank) im Falle einer Verschärfung von DIN-Normen.
"Nach den vom Amtsgericht eingeholten Sachverständigengutachten hätten sich zwar an den Hauptschließkanten der Türflügel keine Sicherheitseinrichtungen zum Schutz gegen das Einklemmen bzw. Quetschen befunden. Diese Ausführung habe der zur Zeit des Einbaus der Türe im Jahre 1996 geltenden Einrichtungsvorschrift entsprochen. Zum Zeitpunkt des Unfalls am 11. Oktober 2006 habe demgegenüber eine neue Herstellungsnorm gegolten, die weitergehende Schutzmaßnahmen zu Gunsten besonders schutzbedürftiger Personen enthalten habe."
"Der Verkehrssicherungspflichtige sei auch generell nicht gehalten, alte Bauwerke und Einrichtungen an den jeweils geltenden Standard anzupassen."
"Eine Nachrüstungspflicht sei erst nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte zu bejahen. Hier sei im Zeitpunkt des Unfalls seit dem Erlass der neuen DIN-Norm noch nicht einmal ein Jahr vergangen gewesen. Damit sei der angemessene Zeitraum, der dem Verkehrssicherungspflichtigen zur Nachrüstung zugebilligt werden m...