Prof. Dr. Edeltraud Günther, Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Die verlustbringende Veräußerung von GmbH-Anteilen an eine beteiligungsidentische GmbH ist auch kurz vor Einführung des Halbeinkünfteverfahrens ist nicht gestaltungsmissbräuchlich.
Sachverhalt
Im Urteilsfall waren in 2001 3 Personen an einer GmbH beteiligt. Sie gründeten im Dezember 2001 eine weitere, beteiligungsidentische GmbH, der sie noch in 2001 ihre Anteile an der ersten GmbH mit Verlust veräußerten. Das Finanzamt versagte die Anerkennung des nach § 17 EStG geltend gemachten Veräußerungsverlusts, indem es die Gestaltung als rechtsmissbräuchlich i.S. von § 42 AO ansah. Der BFH hingegen entschied, dass die Gesellschafter nicht gegen eine vom Gesetzgeber vorgegebene Wertung verstoßen, sondern lediglich von einer ihnen durch das Gesetz eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht haben. Vor allem die Anteilsveräußerung zu einem Zeitpunkt, zu dem die Veräußerung noch nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterlag, führte nicht zu einer Steuerumgehung i.S. von § 42 AO, sondern lediglich zur Ausnutzung einer günstigeren Gestaltungsmöglichkeit.
Die Veräußerung an eine beteiligungsidentische GmbH führte zu keiner anderen Beurteilung, da eine Kapitalgesellschaft ein selbstständiges Steuersubjekt ist, das die von ihr aus der Beteiligung erzielten Einkünfte unabhängig vom Gesellschafter zu versteuern hat. Diese Abschirmung der Vermögenssphäre einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern bewirkt, dass in der abgeschirmten Vermögenssphäre eine eigene Leistungsfähigkeit entsteht, die von derjenigen der hinter der Kapitalgesellschaft stehenden Personen getrennt und unabhängig von ihr besteuert werden darf.
Hinweis
§ 42 AO könnte zur Anwendung kommen, wenn die Gesellschafter wirtschaftlich ihre Anteile nicht veräußern, sondern die zuerst gegründete GmbH auflösen wollen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 29.5.2008, IX R 77/06.