Leitsatz (amtlich)

Unterliegen mehrere Grundstücke der Zwangsverwaltung, sind die Nutzungen des Grundstücks und die Ausgaben der Verwaltung gemäß § 155 ZVG grundsätzlich für jedes Grundstück gesondert zu ermitteln. Die Umsatzsteuer ist deshalb ebenfalls für jedes Grundstück gesondert zu ermitteln und anzumelden.

 

Sachverhalt

Der Kläger wurde im November 1997 zum Zwangsverwalter mehrerer Wohnungen und einer gewerblich genutzten Einheit (Wohnungen Nr. 2, 3, 6, 10, 11 und Teileigentum 13) des Vollstreckungsschuldners X bestellt. Im Juli 1998 wurde er zum Zwangsverwalter einer weiteren Wohnung (Wohnung Nr. A 10) des Vollstreckungsschuldners bestellt. Der Kläger reichte im April 1999 für die Wohnungen Nr. 2, 3, 6,10 und 11 sowie das Teileigentum Nr. 13 gesonderte USt-Voranmeldungen für das erste Kalendervierteljahr 1999 ein. Die Voranmeldung für die Wohnung Nr. 10 ergab eine USt-Vorauszahlung von 4,85 DM. Die übrigen Voranmeldungen enthielten keine Zahleneinträge. Das Finanzamt setzte mit dem angefochtenen Vorauszahlungsbescheid für sämtliche Einheiten die USt-Vorauszahlung für das erste Kalender vierteljahr 1999 auf 4 DM fest. Das FG wies die Klage ab. Die Revision hatte Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Das FG hat unter Verletzung der Vorschriften der §§ 33, 34 AO sowie des § 155 ZVG entschieden, alle der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstücke eines Unternehmens, die von einem Zwangs verwalter verwaltet werden, seien umsatzsteuerrechtlich zusammenzufassen. Ist über die Grundstücke eines Unternehmers die Zwangsverwaltung angeordnet, bleibt der Vollstreckungsschuldner als Unternehmer i.S. des Umsatzsteuerrechts Steuerschuldner und damit Steuerpflichtiger nach § 33 Abs. 1 AO. Neben ihn tritt gemäß § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO der Zwangsverwalter als Steuerpflichtiger[1], soweit seine Verwaltung reicht. Unterliegen mehrere Grundstücke der Zwangsverwaltung, sind die Nutzungen des Grundstücks und die Ausgaben der Verwaltung gemäß § 155 ZVG grundsätzlich für jedes Grundstück gesondert zu ermitteln. Nach dieser Vorschrift sind aus den Nutzungen des Grundstücks die Ausgaben der Verwaltung und die übrigen in § 155 Abs. 1 ZVG genannten Kosten vorweg zu bestreiten; die Überschüsse werden auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 1-5ZVG bezeichneten Ansprüche verteilt. Da die Gläubiger dieser Ansprüche bei jedem Grundstück unterschiedliche Personen sein können und auch identischen Gläubigern die Nutzungen aus jedem Grundstück regelmäßig in unterschiedlicher Höhe gebühren, müssen die Nutzungen grundsätzlich für jedes Grundstück gesondert ermittelt werden. Zu den in § 155 ZVG genannten "Ausgaben der Zwangsverwaltung" gehört auch die USt, der die Lieferungen und sonstigen Leistungen im Rahmen der Zwangsverwaltung unterliegen[2]. Die USt ist deshalb ebenfalls grundsätzlich für jedes Grundstück gesondert zu ermitteln und anzumelden. Gibt der Zwangsverwalter demgemäß für die einzelnen Grundstücke gesonderte USt-Erklärungen ab, ist das Finanzamt nicht berechtigt, eine zusammengefasste Veranlagung durchzuführen. Die gegenteilige Auffassung des FG verkennt, dass den Regelungen der §§2, 16 und 18 UStG 1993, nach denen der Unternehmer grundsätzlich nur ein Unternehmen hat und für dieses nur einmal zur USt veranlagt wird, die Vorschrift des § 155 ZVG vorgeht[3]. Darauf, ob die verschiedenen Grundstücke des Vollstreckungsschuldners vom selben oder von verschiedenen Zwangsverwaltern verwaltet werden, kommt es grundsätzlich nicht an. Etwas anderes mag gelten, wenn angeordnet wird, dass die Zwangsverwaltung verschiedener Grundstücke gemäß §§18, 146 ZVG in einem Verfahren erfolgen soll, die Grundstücke einheitlich, z.B. durch gemeinsame Vermietung an den selben Mieter, unternehmerisch genutzt werden, oder der Zwangsverwalter aus sonstigen Gründen berechtigterweise davon absieht, die USt für die einzelnen Grundstücke gesondert zu ermitteln. Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 18.10.2001 – V R 44/00

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