Leitsatz
Die Erhebung der Gewerbesteuer führt weder zu einem übermäßigen Eingriff in Freiheitsrechte des Gewerbetreibenden noch stellt sie eine Verletzung des Gleichheitssatzes dar. Die Erhebung der Gewerbesteuer verstößt auch nicht gegen eine der Grundfreiheiten des EG-Vertrages. Insbesondere stellt die Beschränkung der Erhebung der Gewerbesteuer auf Gewerbebetriebe, soweit sie im Inland betrieben werden, keine Diskriminierung i.S. des Gemeinschaftsrechts dar.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige ist Inhaber einer Schreinerei. Seine daraus erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb betrugen in den Streitjahren 1994 und 1995 rd. 128000 DM und 113000 DM. Mit seiner Klage gegen die Gewerbesteuer-Messbescheide machte er geltend, die Gewerbesteuer sei verfassungswidrig und verstoße gegen Europarecht. Das FG wies die Klage ab. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.
Entscheidung
Die Belastung des Steuerpflichtigen mit Gewerbesteuer führt angesichts der ihm nach Abzug der Gewerbesteuer verbleibenden Einkünfte nicht zu einem übermäßigen Eingriff in seine Freiheitsrechte. Auch der vom Steuerpflichtigen gerügte Verstoß gegen den sog. Halbteilungsgrundsatz liegt nicht vor. Ebenso wenig wird der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Die Beschränkung der Gewerbesteuer auf Gewerbebetriebe ist aus verfassungsrechtlichen Gründen schon deshalb hinzunehmen, weil die Gewerbesteuer im GG ausdrücklich erwähnt ist und zu der vom Verfassungsgeber vorgefundenen und gebilligten Grundstruktur der Gewerbesteuer auch deren Beschränkung auf Gewerbebetriebe gehört.
Die Erhebung der Gewerbesteuer verstößt im Fall des Steuerpflichtigen nicht gegen Europarecht. Eine europarechtliche Pflicht zur Harmonisierung der Gewerbesteuer als direkter Steuer besteht nach gegenwärtigem Stand des Gemeinschaftsrechts nicht. Die Gewerbesteuer verletzt im Streitfall auch nicht die Grundfreiheiten des EG-Vertrages, namentlich die Freiheit des Warenverkehrs, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit.
Praxishinweis
Es bleibt abzuwarten, ob sich der Steuerpflichtige mit dieser – m.E. sorgfältig und überzeugend begründeten – Entscheidung des BFH zufrieden geben oder Verfassungsbeschwerde einlegen wird. Bisher hat das BVerfG indessen die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer stets bejaht.
Soweit sich der Steuerpflichtige auf das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot sowie auf eine Verletzung der Grundfreiheiten berief, hat der BFH diese Rügen m.E. zu Recht für unbegründet gehalten. Dies gilt umso mehr, als der Steuerpflichtige als Schreiner Angehöriger eines Handwerksberufs ist, der typischerweise auf einen lediglich im lokalen bis regionalen Bereich wurzelnden Kundenkreis ausgerichtet ist. Er ist in Deutschland mehr als 100 km von der nächsten Außengrenze tätig. Auf der Grundlage der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen ist davon auszugehen, dass er weder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der EU besitzt noch auf den Märkten anderer Mitgliedstaaten tätig wird.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 18.9.2003, X R 2/00