Leitsatz
Nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 können nicht auch diejenigen stillen Reserven der Gewerbesteuer unterworfen werden, die in den Buchwertansätzen solchen Betriebsvermögens ruhen, das bereits vor der Verschmelzung im Betrieb des aufnehmenden Personenunternehmens (hier: Einzelunternehmen) vorhanden war.
Sachverhalt
S war Alleingesellschafter der A-GmbH. Er hatte der GmbH ein bebautes Grundstück vermietet, auf welchem diese ihren Betrieb unterhielt; daher bestand eine Betriebsaufspaltung. 1995 wurde die GmbH auf das bisherige Besitzunternehmen unter Fortführung der Buchwerte verschmolzen. 1997 veräußerte S sein Einzelunternehmen und realisierte hierbei die im Buchwertansatz des früher an die GmbH vermieteten Grundstücks lagernden stillen Reserven. Das Finanzamt unterwarf den daraus resultierenden Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab. Die Revision hatte Erfolg.
Entscheidung
§ 18 Abs. 4 UmwStG 1995 soll die Umgehung der Gewerbesteuer verhindern, wenn eine Kapitalgesellschaft binnen fünf Jahren vor der Betriebsveräußerung oder -aufgabe in ein Personenunternehmen umgewandelt wird. Diesem Zweck wird schon dann in vollem Umfang genügt, wenn bei der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine natürliche Person nur das von der Kapitalgesellschaft auf das Personenunternehmen übergehende und gegebenenfalls darüber hinaus auch das nach der Verschmelzung im nun einheitlichen Betrieb des Personenunternehmens neu gebildete Betriebsvermögen gewerbesteuerlich für fünf Jahre "verhaftet" bleibt. Würde dagegen auch das Betriebsvermögen im Zuge der Verschmelzung gewerbesteuerrechtlich "infiziert", das bereits vor der Verschmelzung im Betrieb des aufnehmenden Personenunternehmens vorhanden war, so stünden sich die Steuerpflichtigen ohne die Vornahme der Verschmelzung bei einer getrennt vollzogenen Veräußerung oder Aufgabe der beiden Betriebe besser als bei einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe innerhalb der Fünf-Jahres-Frist nach der Verschmelzung. Diese gewerbesteuerrechtliche Benachteiligung im Verschmelzungsfall widerspräche indessen nicht nur dem Zweck des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995, der lediglich verhindern will, dass die Steuerpflichtigen aus der Verschmelzung ungerechtfertigte Vorteile ziehen, sondern darüber hinaus auch der allgemeinen Intension des UmwStG 1995, betriebwirtschaftlich erwünschten und sinnvollen Unternehmensumstrukturierungen soweit als möglich keine steuerlichen Hemmnisse zu bereiten.
Praxishinweis
Anders als seine Vorläufer greift § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 nicht auf die bei der untergegangenen Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der Umwandlung vorhandenen – historischen – stillen Reserven zu, sondern erfasst die aktuellen, beim übernehmenden Rechtsträger existierenden stillen Reserven im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe. Daraus hat die bisher wohl h.M. in der Literatur gefolgert, dass sämtliche stillen Reserven beim aufnehmenden Personenunternehmen gewerbesteuerrechtlich verstrickt seien, mithin auch diejenigen, die sich in den Buchwertansätzen solcher Wirtschaftsgüter gebildet haben, die schon vor der Umwandlung zum Betriebsvermögen des aufnehmenden Personenunternehmens gehörten. Dagegen hat das Besprechungsurteil mit m.E. überzeugender Begründung unter Hinweis insbesondere auf den Zweck und die systematische Stellung des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 innerhalb des Gesetzes sämtliches Betriebsvermögen, das bereits vor der Verschmelzung im aufnehmenden Personenunternehmen vorhanden war, von der gewerbesteuerrechtlichen Verhaftung ausgenommen.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 16.11.2005, X R 6/04