Leitsatz
Eine ausländische Kapitalgesellschaft, die nach ihrem rechtlichen Aufbau und ihrer wirtschaftlichen Gestaltung einer inländischen Kapitalgesellschaft entspricht, ist geeignet, eine Personengesellschaft gewerblich i. S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG zu prägen.
Sachverhalt
K war als alleiniger Kommanditist an vier Personengesellschaften mit Sitz in Liechtenstein beteiligt, die als Kommanditgesellschaften nach liechtensteinischem Recht gegründet worden waren (KGs). Die KGs hatten Grundbesitz im Inland und übten eine rein vermögensverwaltende Tätigkeit aus. Am 23.12.1994 schieden die einzigen Komplementäre (nach liechtensteinischem Recht gegründete GmbHs mit Sitz in Liechtenstein) aus den KGs aus. K übernahm als einziger verbleibender Gesellschafter das Aktiv- und Passivvermögen der KGs. Das Finanzamt sah im Ausscheiden der Komplementäre eine Betriebsaufgabe und rechnete K einen Aufgabegewinn zu. Es ging davon aus, dass die KGs gewerblich geprägt seien. Das Finanzgericht gab der Klage statt. Es hielt § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG nicht für anwendbar, wenn ausschließlich ausländische Kapitalgesellschaften ohne Niederlassung in Deutschland als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt sind.
Entscheidung
Anders als das Finanzgericht sah der BFH die vermögensverwaltenden liechtensteinischen KGs als Gewerbebetriebe an und gab dem Finanzamt Recht. Die Fiktion eines Gewerbebetriebs bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG) gilt auch bei einer vermögensverwaltenden ausländischen Personengesellschaft, wenn diese – was bei den liechtensteinischen KGs der Fall ist – nach ihrem rechtlichen Aufbau und ihrer wirtschaftlichen Gestaltung einer inländischen Personengesellschaft entspricht. Dabei ist eine ausländische Kapitalgesellschaft, die nach rechtlichem Aufbau und wirtschaftlicher Gestaltung einer inländischen Kapitalgesellschaft entspricht (was auf liechtensteinische GmbHs zutrifft), ohne Einschränkungen geeignet, die (ausländische oder inländische) Personengesellschaft gewerblich zu prägen. Durch das Ausscheiden der Komplementär-GmbHs haben die KGs ihre gewerbliche Prägung verloren. Das Vermögen der KGs wuchs dem K im Wege der Gesamtrechtsnachfolge an. Der Übergang des Betriebsvermögens in das Privatvermögen des K entspricht wirtschaftlich einer Betriebsaufgabe i. S. von § 16 Abs. 3 EStG.
Hinweis
Das Finanzgericht hatte § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG – insbesondere im Hinblick auf seine Entstehungsgeschichte – dahingehend ausgelegt, dass die dort angesprochene Kapitalgesellschaft selbst kraft Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielen oder selbst gewerblich tätig sein müsse, um eine Personengesellschaft prägen zu können. Eine ausländische Kapitalgesellschaft erziele im Inland aber keine gewerblichen Einkünfte kraft Rechtsform, wenn sie keine Niederlassung in Deutschland habe. Eine "gewerbliche Prägung" sei auch vom Wortsinn her nur möglich, wenn die prägende Kapitalgesellschaft selbst gewerbliche Einkünfte erziele. Das sind schlagende Argumente. Die Begründung des BFH für die gegenteilige Auffassung ist weniger überzeugend. Der BFH argumentiert, dass der Gesetzgeber die aufgegebene Gepräge-Rechtsprechung ohne Beschränkung auf inländische Kapitalgesellschaften in § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG gesetzlich verankert habe, um sicherzustellen, dass gleichartige und in vergleichbarer Rechtsform ausgeübte Tätigkeiten nicht unterschiedlich behandelt werden. Zudem würden auch zu den Kapitalgesellschaften i. S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG und § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vergleichbare ausländische Kapitalgesellschaften gezählt.
§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG war im Streitfall nicht einschlägig. Dort ist lediglich eine Regelung zur Besteuerung einer Körperschaft ohne Sitz und Geschäftsleitung im Inland getroffen. Im Streitfall ging es aber allein um die Besteuerung eines im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafters einer ausländischen Personengesellschaft.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 14.3.2007, XI R 15/05