Leitsatz (amtlich)

Übt ein in Niedersachsen ausgebildeter und nach dortigem Landesrecht anerkannter medizinischer Fußpfleger seine Tätigkeit in Nordrhein-Westfalen aus, das entsprechende Bestimmungen nicht kennt, so ist der Fußpfleger - jedenfalls mangels einer Überwachung durch die staatlichen Gesundheitsämter - gewerblich tätig.

 

Sachverhalt

Der Kläger absolvierte Anfang der 80er Jahre einen zweijährigen Studiengang an der Bundesberufsfachschule für medizinische Fußpflege des Zentralverbandes der Fußpfleger Deutschlands e.V. und schloss die Ausbildung mit einer Prüfung vor einem Prüfungsausschuss mit dem Titel des medizinischen Fußpflegers ab. 1985 wurde er von der Bezirksregierung X (Niedersachsen) als medizinischer Fußpfleger staatlich anerkannt. In den Streitjahren (1986 bis 1991) war der Kläger in S (NRW) u.a. als medizinischer Fußpfleger tätig. Ca. 50% der Fußbehandlungen beruhten auf ärztlichen Verordnungen mit einer entsprechenden Überweisung. Die daraus resultierenden Kosten wurden den Patienten auf deren Antrag hin von den Krankenkassen z.T. erstattet. Das Finanzamt ging von einer gewerblichen Tätigkeit des Klägers aus und erließ für die Jahre 1986 bis 1991 GewSt-Messbescheide. Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Die Tätigkeit eines medizinischen Fußpflegers ist keine einem Katalogberuf ähnliche freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Ein ähnlicher Beruf liegt vor, wenn er in wesentlichen Punkten mit einem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Katalogberufe verglichen werden kann. Dazu gehört die Vergleichbarkeit sowohl der Ausbildung als auch der ausgeübten beruflichen Tätigkeit[2]. Die für den vergleichbaren Katalogberuf erforderlichen Kenntnisse müssen nachgewiesen sein, die so qualifizierte Arbeit den wesentlichen Teil der gesamten Berufstätigkeit ausmachen und dem ähnlichen Beruf das Gepräge i.S. des Katalogberufs geben[3]. Ist für die Ausübung des Katalogberufs eine Erlaubnis erforderlich oder ist die Ausübung des Katalogberufs ohne Erlaubnis mit Strafe bedroht, so kann eine Ähnlichkeit nur gegeben sein, wenn für die Ausübung des vergleichbaren Berufs ebenfalls eine Erlaubnis erforderlich ist[4].

Dem FG ist danach zuzustimmen, dass der Kläger in den Streitjahren mit seiner Tätigkeit als medizinischer Fußpfleger keine den in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aufgeführten Katalogberufen des Heilpraktikers oder Krankengymnasten ähnliche Tätigkeit ausgeübt hat. Das Berufsbild des medizinischen Fußpflegers entspricht nicht den typischen und wesentlichen Berufsmerkmalen dieser Katalogberufe. Denn es fehlt an der notwendigen staatlichen Erlaubnis und der damit verbundenen Überwachung durch die Gesundheitsämter. Nach § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes ist zur Ausübung der Tätigkeit als Heilpraktiker eine Erlaubnis erforderlich. Gleiches gilt gemäß §§16 Abs. 1 i.V.m. 1 Nr. 2 des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes zum Führen der Berufsbezeichnung "Krankengymnast" (neuerdings: "Physiotherapeut"). Die Ausübung dieser Heilberufe wird von den staatlichen Versorgungsämtern überwacht. Der Kläger hingegen konnte in den Streitjahren seine Tätigkeit als medizinischer Fußpfleger in S ohne staatliche Erlaubnis ausführen; eine Überwachung durch die zuständigen Gesundheitsämter fand nicht statt, da der Beruf des medizinischen Fußpflegers in NRW gesetzlich nicht geregelt ist. Vielmehr war es dem Kläger möglich, die Berufsbezeichnung "medizinischer Fußpfleger" zu führen und seiner Tätigkeit nachzugehen, ohne dass er bestimmte gesetzliche Vorgaben zu erfüllen hatte. So musste der Kläger z.B. keine genau umschriebene Vorbildung vorweisen. Im Gegensatz dazu muss ein Heilpraktiker oder ein Krankengymnast eine gesetzlich vorgegebene Ausbildung absolviert haben.

Die Ausbildung, die der Kläger in Niedersachsen absolvierte, und die staatliche Anerkennung als medizinischer Fußpfleger durch die Bezirksregierung X ändern an diesem Ergebnis nichts. Die konkret ausgeübte Tätigkeit des Klägers als medizinischer Fußpfleger entspricht nicht dem Berufsbild eines Heilpraktikers oder Krankengymnasten, da der Kläger jedenfalls in NRW im Gegensatz zu einemHeilpraktiker oder Krankengymnasten seinen Beruf unabhängig von einer staatlichen Anerkennung und einer speziellen Ausbildung sowie einer (späteren) Überwachung durch die Gesundheitsämter ausüben konnte und noch kann.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 29.11.2001 - IV R 65/00

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