Leitsatz
Eine GbR, die ein zuvor erworbenes Grundstück mit einer noch von ihr zu errichtenden Einkaufspassage veräußert, verlässt den Bereich der privaten Vermögensverwaltung und ist jedenfalls dann i.S. des § 15 Abs. 2 EStG nachhaltig tätig, wenn sie (kumulativ) in unbedingter Veräußerungsabsicht eine Bauplanung für das Grundstück hat erstellen lassen, im Interesse der potentiellen Erwerber Mietverträge abgeschlossen, bei Gesamtbaukosten von rd. 12 Mio. DM und einem Gewinn von fast 4 Mio. DM mehrere Bauunternehmer beauftragt und sich zur Gewährleistung für Baumängel sowie zur Zahlung von Schadenersatz für Mietausfälle bei nicht rechtzeitiger Fertigstellung verpflichtet hat. Unter diesen Umständen ist auch das Merkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gegeben.
Sachverhalt
Zweck der 1992 gegründeten GbR ist der Erwerb, die Bebauung und Veräußerung eines unbebauten Grundstücks sowie der Erwerb, die Sanierung, Modernisierung und Vermietung eines bebauten Grundstücks. Vertreten wurde die GbR im Wege eines Treuhandverhältnisses von der Z-AG mit Sitz in der Schweiz, deren Geschäfte von ihrem Alleingesellschafter und Mitgesellschafter der GbR geführt wurden. Bereits im Februar 1992 hatten sich die GbR-Gesellschafter und die Z-AG zu einer "einfachen Gesellschaft" nach Schweizer Recht zum Zwecke des Erwerbs, der Bebauung und Veräußerung des unbebauten Grundstücks zusammengeschlossen. Diese nach außen nicht aufgetretene Gesellschaft wurde nach dem Vortrag der GbR "in der deutschen Gesellschaft bürgerlichen Rechts fortgesetzt". Das unbebaute Grundstück wurde vor Gründung der GbR für 280500 DM von der Z-AG erworben. Diese verkaufte das Grundstück im Februar 1993 an eine weitere, aus den Gesellschaftern der GbR und Dritten bestehende Gesellschaft mit dem von der Verkäuferin noch zu errichtenden Wohn- und Geschäftshaus, das bis zum 1.6.1994 bezugsfertig herzustellen und zu übergeben war. Der Kaufpreis belief sich auf 16 Mio. DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Später erwarb die GbR auch das bebaute Grundstück und vermietete es. Die Z-AG schloss in eigenem Namen Werkverträge ab, so dass für 12,5 Mio. DM auf dem unbebauten Grundstück eine Einkaufspassage errichtet wurde. Die GbR bezahlte diese Werkleistungen. Das Finanzamt nahm hinsichtlich dieses Grundstücks einen gewerblichen Grundstückshandel der GbR an. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Auch der BFH hat einen gewerblichen Grundstückshandel angenommen, weil das streitige Grundstück unabhängig vom Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze nach den objektiven Umständen von vorneherein mit der unbedingten Absicht erworben und bebaut worden ist, es innerhalb kurzer Zeit zu verkaufen. In solchen Fällen wird der Veräußerer – sofern er das Grundstück für den Erwerber bebaut – nach den Verhältnissen bei Baubeginn wie ein Bauunternehmer, Generalübernehmer oder Baubetreuer tätig. Auch die nach § 15 Abs. 2 EStG erforderliche Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr lag vor, weil die Tätigkeit der GbR ungeachtet einer Beschränkung geschäftlicher Beziehungen auf einen Vertragspartner nach Art und Umfang dem Bild einer unternehmerischen Marktteilhabe entspricht. Des Weiteren fehlt nicht die nach § 15 Abs. 2 EStG gebotene und nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilende Nachhaltigkeit, weil das einzige Geschäft eine Vielzahl unterschiedlicher Einzeltätigkeiten erforderte und diese mit dem Ziel entfaltet wurden, den Verkaufspreis zu erhöhen. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung kann die Höhe der Baukosten nur als Beweisanzeichen eine Rolle spielen; entscheidend für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels ist vielmehr die Teilnahme der GbR am Marktgeschehen wie ein Baubetreuer oder Bauträger. Das zeigt sich vor allem in der Übernahme einer zweijährigen Gewährleistungspflicht, der Planung der Einkaufspassage, der Durchführung der Baugenehmigungsverfahren, den Mietausfallgarantien für Erwerber, der Übernahme von Zwischenfinanzierungskosten, der Beibringung einer Bankbürgschaft und der Erteilung der Aufträge für die Gewerke.
Praxishinweis
Die erforderliche Nachhaltigkeit i.S. des § 15 EStG ist bei der Errichtung eines einzigen, aber ungewöhnlich aufwendigen Gebäudes in Abgrenzung zu dieser Entscheidung nicht schon wegen der Vielzahl der Einzeltätigkeiten anzunehmen, die beim Bau eines jeden Hauses unabhängig davon erforderlich werden, ob es selbst genutzt, vermietet oder veräußert werden soll.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 1.12.2005, IV R 65/04