Leitsätze (amtlich)

  1. Für die Umqualifizierung einer nicht steuerbaren vermögensverwaltenden in eine gewerbliche Tätigkeit in Form eines Grundstückshandels ist in zeitlicher Hinsicht entscheidend an die bis zum verbindlichen Abschluss der Kaufverträge von dem Veräußerer entfalteten Aktivitäten anzuknüpfen.
  2. Grundsätzlich ist jedes zivilrechtliche Wohnungseigentum auch steuerrechtlich ein Objekt. Ausnahmsweise können mehrere Wohnungseigentumsrechte desselben Eigentümers steuerrechtlich als wirtschaftliche Einheit und damit als ein Objekt zu beurteilen sein, wenn sich der Inhaber der Wohnungseigentumsrechte schon im Zeitpunkt des Abschlusses der einzelnen Kaufverträge zur Errichtung und Übertragung einer zwei oder mehr Wohnungseigentumsrechte umfassenden einheitlichen Wohnung verpflichtet.
  3. Werden hingegen nach Abschluss mehrerer Verträge über den Verkauf jeweils eigenständiger Eigentumswohnungen im Hinblick auf eine beabsichtigte Verwendung dieser Wohnungen als Einheit abweichende Wünsche nach einer baulichen Umgestaltung geltend gemacht und verwirklicht, so vermögen diese erst später eingetretenen Umstände nicht mehr die rechtliche Qualifizierung der bereits zuvor entfalteten Aktivitäten als eines gewerblichen Grundstückshandels rückwirkend wieder zu beseitigen.
 

Sachverhalt

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 1982 zusammen zur ESt veranlagt. Im November 1979 erwarb die Klägerin (Hausfrau) im Umlegungsverfahren das Grundstück A. Die aufstehenden Gebäude waren zum Abbruch bestimmt. Am 22.1.1980 beantragte die Klägerin die Baugenehmigung für ein Wohn- und Geschäftshaus, das im Erdgeschoss gewerbliche Räume und in den drei Obergeschossen sowie im Dachgeschoss 16 Wohnungen enthalten sollte. Am 15.6.1981 wurde die Baugenehmigung antragsgemäßerteilt. Am 2.2.1981 begannen die Bauarbeiten für den Neubau. Am 17.3.1981 beantragte die Klägerin die Abgeschlossenheitsbescheinigung, die ihr am 3.4.1981 erteilt wurde. Am 4.6.1981 gab sie beim Amtsgericht eine Teilungserklärung ab, nach der sie das Grundstück in eine Teileigentumseinheit im Erdgeschoss und in 16 Eigentumswohnungen in den darüber liegenden Stockwerken aufteilte. Am 8.7.1982 wurde der Rohbau des Gebäudes abgenommen. Ende 1982 wurde das Gebäude bezugsfertig. Bereits während der Bauzeit schloss die Klägerin Kaufverträge ab, in denen sie sich zur Übertragung von Eigentumswohnungen gemäß unten stehender Übersicht verpflichtete.

O ist die Ehefrau eines niedergelassenen Gynäkologen. RP und HP sind Eheleute und niedergelassene Zahnärzte. Nach Abschluss der Kaufverträge änderte die Klägerin die Baupläne. Aus den Eigentumswohnungen 1 bis 4 wurde eine gynäkologische Praxis und aus den Eigentumswohnungen 5 bis 7 eine Zahnarztpraxis. Nach Fertigstellung des Gebäudes übergab die Klägerin eine Arztpraxis an O (vier Grundbuchblätter), eine Zahnarztpraxis an RP (drei Grundbuchblätter) und eine Eigentumswohnung an HP. Das Finanzamt meinte, dass hinsichtlich des Verkaufs der acht Eigentumswohnungen ein gewerblicher Grundstückshandel vorliege. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

Wohnung Nr. Erwerber Kaufvertrag vom Besitzübergang Eigentumsumschreibung
I.OG 1 O 25.11.1981 Bezugsfertigkeit 01.06.1983
I.OG 2 O 25.11.1981 Bezugsfertigkeit 01.06.1983
I.OG 3 O 25.11.1981 Bezugsfertigkeit 01.06.1983
I.OG 4 O 16.03.1982 Bezugsfertigkeit 01.06.1983
II. OG 5 RP 17.11.1981 Bezugsfertigkeit 03.03.1983
II. OG 6 RP 17.11.1981 Bezugsfertigkeit 03.03.1983
II. OG 7 RP 17.11.1981 Bezugsfertigkeit 03.03.1983
II. OG 8 HP 30.06.1982 Bezugsfertigkeit 01.03.1983
 

Entscheidungsgründe

Ein gewerblicher Grundstückshandel kommt i.d.R. erst dadurch zustande, dass der Veräußerer eine Anzahl bestimmter Objekte zuvor gekauft oder bebaut hat und sie im engen zeitlichen Zusammenhang damit veräußert. Der Zahl der Objekte und dem zeitlichen Abstand der maßgebenden Tätigkeiten kommt eine besondere indizielle Bedeutung für die Beurteilung am Maßstab des § 15 Abs. 1 EStG zu. Werden innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs - i.d.R. fünf Jahre - zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert, so kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden, weil die äußeren Umstände den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt. Die indizielle Bedeutung dieser Kriterien hängt i.d.R. weder von der Größe und dem Wert des einzelnen Objekts sowie von dessen Nutzungsart ab noch davon, ob der Steuerpflichtige die veräußerten Objekte lediglich angeschafft oder ob er sie errichtet hat[2].

In Anwendung dieser Maßstäbe sind im Streitfall die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels erfüllt. Die Klägerin hat noch innerhalb der Bauphase mehr als drei Objekte veräußert, so dass nach den Regeln der Lebenserfahrung mangels eindeutiger gegenteiliger Anhaltspunkte die Schlussfolgerung gerechtfertigt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?