Leitsatz
Überlässt der Unternehmer eine in seinem Betrieb erwirtschaftete Erwerbschance aus privaten Gründen einem anderen zur Nutzung, verfügt er damit über bezogenes Einkommen.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige, ein Steuerberater, hat drei Söhne, die sich im Streitjahr 1990 noch in Ausbildung befanden. Im Juni 1990 erwarb er mehrere benachbarte unbebaute Grundstücke mit einer Fläche von insgesamt rd. 16400qm für 1,75 Mio.DM. Im Juli 1990 veräußerte er die Grundstücke für 1,95 Mio.DM an seine Söhne. Am selben Tag verkauften diese eine Teilfläche von rd. 12000qm für rd. 1,8 Mio.DM an die M-GmbH. Im August 1990 veräußerten die Söhne die restliche Fläche für 370000DM an die Stadt X. Nach den Feststellungen des FG hatte der Steuerpflichtige bereits im Vorfeld der Grundstückserwerbe umfängliche Initiativen und Maßnahmen ergriffen, um die Grundstücke "baureif" zu machen. Nachdem das Finanzamt zunächst angenommen hatte, die Zwischenschaltung der Söhne stelle einen Gestaltungsmissbrauch i.S. von §42 AO im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels dar, ging es später davon aus, dass der Steuerpflichtige die Grundstücke als Wirtschaftsgüter seines Betriebsvermögens teilentgeltlich an seine Söhne übertragen und dies zur vollständigen Aufdeckung der darin enthaltenen stillen Reserven geführt habe. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage als unbegründet ab. Auf die Revision des Steuerpflichtigen hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidung
Sollte der Steuerpflichtige – was das FG im zweiten Rechtsgang festzustellen hat – die Werterhöhung der zum Verkauf bestimmten Grundstücke, insbesondere durch sein stetes Einwirken auf die bauplanungsrechtlichen Maßnahmen der Stadt X, nachhaltig betrieben haben, so ist er "unternehmerisch", d.h. als gewerblicher Grundstückshändler, tätig geworden.
Das FG ist davon ausgegangen, dass der Steuerpflichtige seinen Söhnen von ihm selbst unternehmerisch "unterschriftsreif" erwirtschaftete Geschäftschancen überlassen habe, die von den Söhnen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang ohne zusätzliches unternehmerisches Bewirken genutzt worden sind. Trifft dies zu, ist dem Steuerpflichtigen der wirtschaftliche Handlungs- und Erfolgstatbestand der Grundstücksgeschäfte in Gestalt des endgültigen Verwertungserlöses zuzurechnen. Hat er sodann über den Gewinn in der Weise verfügt, dass er seine Söhne in die erwirtschaftete und abschließend ausgehandelte Gewinnchance einrücken ließ, kann dies die Bemessungsgrundlage seiner Einkommensteuer nicht mindern. Eines Rückgriffs auf §42 AO bedarf es zur Begründung dieses Ergebnisses nicht.
Praxishinweis
Der X. Senat hat bereits zu einer Gesellschaft entschieden, dass im Falle der Verlagerung der Verkaufstätigkeit auf eine in Bezug auf das Erzielen gewerblicher Einkünfte funktionslos zwischengeschaltete Person in Erwägung zu ziehen ist, dass auf diese Weise der Tatbestand des §15 EStG zumindest teilweise "aufgrund mittelbarer Tatherrschaft" des Grundstücksveräußerers verwirklicht wird. Dies ist anzunehmen, wenn der Grundstücksveräußerer den einkommensteuerbaren Handlungstatbestand arbeitsteilig organisiert und sich selbst den wirtschaft-lichen Erfolg der Transaktion sichert. Bei der Einschaltung von Kindern hat derselbe Senat die Steuerbarkeit in der Person des steuerpflichtigen Vaters unter der Voraussetzung bejaht, dass er das Geschehen beherrschte, indem er die Errichtung und Verwertung der den Kindern übertragenen Objekte "steuerte" und ihm selbst die Erlöse aus den Veräußerungen der Objekte durch die Kinder zuzurechnen waren.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 15.3.2005, X R 39/03