Leitsatz

  1. Die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) steht der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens nicht entgegen (Änderung der Rechtsprechung; zuletzt: BFH-Urteil vom 7.10.1982, IV R 32/80, BStBl II 1983, S. 101).
  2. Die Zuordnung eines gemischt genutzten Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen scheidet aus, wenn das Wirtschaftsgut nur in geringfügigem Umfang betrieblich genutzt wird und daher zum notwendigen Privatvermögen gehört. Als geringfügig ist ein betrieblicher Anteil von weniger als 10 % der gesamten Nutzung anzusehen.
  3. Bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen in unmissverständlicher Weise durch entsprechende, zeitnah erstellte Aufzeichnungen auszuweisen.
 

Sachverhalt

Eine selbständig tätige Zahnärztin ermittelt ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Im Anlageverzeichnis zur Gewinnermittlung führte sie im Streitjahr die Anschaffungskosten eines PKW auf, den sie unstreitig zu 10 % betrieblich nutzte. Die angefallenen Kfz-Kosten (27062 DM) zog die Klägerin in vollem Umfang als Betriebsausgaben ab und setzte den Wert der Privatnutzung nach der 1-%-Regelung an (10734 DM). Nach einer Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt neben den Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Praxis nur 10 % der Kfz-Kosten als Betriebsausgaben an, denn das Fahrzeug gehöre nicht zum Betriebsvermögen, weil die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ausgeschlossen sei[1] . Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage statt.

 

Entscheidung

Die Annahme notwendigen Betriebsvermögens scheidet im Streitfall aus, weil das Fahrzeug als abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut sowohl betrieblich als auch privat genutzt wird und der betriebliche Anteil nicht mehr als 50 % der gesamten Nutzung beträgt. Ist ein Wirtschaftsgut weder notwendiges Betriebsvermögen noch notwendiges Privatvermögen, so kann es gewillkürtes Betriebsvermögen sein, wenn es objektiv dazu geeignet und erkennbar dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern[2] . Weitere Voraussetzung ist, dass es in nicht nur geringem Umfang betrieblich genutzt wird[3] . Dies erfordert nach Auffassung der Finanzverwaltung und des BFH einen betrieblichen Anteil von mindestens 10 % der gesamten Nutzung, der im Streitfall gegeben war. Abweichend von der bisherigen Rechtsprechung hat der BFH nun entschieden, dass die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens nicht entgegensteht, weil § 4 Abs. 3 EStG keinen anderen Betriebsvermögensbegriff als den des § 4 Abs. 1 EStG zugrundelegt und der aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit dem widerspricht.

 

Praxishinweis

Für die erstmalige Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen bei Erwerb oder Einlage fordert der BFH, dass dieser unmissverständlich so dokumentiert wird, dass ein sachverständiger Dritter, z.B. ein Betriebsprüfer[4] , ohne weitere Erklärung des Steuerpflichtigen die Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen erkennen kann. Wie der X. Senat ausgeführt hat, muss sich der Zuordnungsakt nicht aus der eigentlichen Buchführung ergeben[5] . So kann die zeitnahe Aufnahme des Wirtschaftsguts in das betriebliche Bestandsverzeichnis[6] ausreichen und sich bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sogar anbieten.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 2.10.2003, IV R 13/03

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