Leitsatz (amtlich)
Gewinnausschüttungen einer Betriebs-GmbH an den Besitzunternehmer sind auch insoweit als Einnahmen aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren, als sie Zeiträume vor Begründung der Betriebsaufspaltung betreffen, der betreffende Gewinnverteilungsbeschluss aber erst danach gefasst worden ist.
Sachverhalt
Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der W-GmbH. Er hielt die Anteile an der W-GmbH ursprünglich im Privatvermögen. Seine Ehefrau, die Klägerin, verpachtete 1987 ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück an die W-GmbH, die das Grundstück für betriebliche Zwecke nutzte. In einem Zwangsversteigerungsverfahren erwarb der Kläger am 24.8.1993 das Eigentum an diesem Grundstück, das er von diesem Zeitpunkt an - in Fortführung des vormals zwischen der Klägerin und der W-GmbH bestehenden Pachtverhältnisses - an die W-GmbH verpachtete. Die W-GmbH beschloss am 19.11.1993 eine offene Gewinnausschüttung für 1992, die am 21.11.1993 an den Kläger ausbezahlt wurde. Ferner wurde am 19.11.1994 eine Gewinnausschüttung für 1993 beschlossen, die dem Kläger am 21.11.1994 ausbezahlt wurde. Für die Streitjahre 1993 und 1994 erklärten die Kläger die Gewinnausschüttungen als Einnahmen aus Kapitalvermögen. Das Finanzamt nahm dagegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Klage und Revision blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Am 24.8.1993 wurde zwischen der W-GmbH und dem Kläger eine unechte Betriebsaufspaltung begründet. Durch die Betriebsaufspaltung wird eine ihrer Art nach nicht gewerbliche Betätigung durch eine enge sachliche und personelle Verflechtung zwischen dem Besitzunternehmen des Klägers und der W-GmbH (Betriebsunternehmen) zum Gewerbebetrieb i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG umqualifiziert. Die vom Kläger gehaltenen Gesellschaftsanteile an der W-GmbH gehören zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens. Gewinnausschüttungen der W-GmbH an den Kläger zählen daher bei diesem grundsätzlich zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Dies gilt auch für die Gewinnausschüttungen der W-GmbH, die aufgrund der Beschlüsse vom 19.12.1993 und 19.12. 1994 an den Kläger ausbezahlt wurden.
Diese Gewinnausschüttungen sind beim Kläger in Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 EStG umzuqualifizieren. Der Gewinnauszahlungsanspruch entsteht als selbstständiges Gläubigerrecht des Gesellschafters erst mit dem Gewinnverteilungsbeschluss. Er entsteht nicht allmählich und pro rata temporis der Eigenkapitalnutzung durch die Kapitalgesellschaft. Mit dem Gewinnverteilungsbeschluss spaltet sich der Gewinnanteil von dem übrigen Mitgliedschaftsrecht ab und erstarkt zu einer selbstständigen Forderung. Vorher besteht er nur im Sinne eines Gewinnbeteiligungsanspruchs als unselbstständiger Teil des Mitgliedschaftsrechtes des Gesellschafters. Der Zeitpunkt, zu dem einem Steuerpflichtigen danach mit Entstehung des Gewinnauszahlungsanspruches Einnahmen zuzurechnen sind, ist auch bestimmend für die Qualifizierung der Einkunftsart, wenn die Quelle der Einkünfte vor der Fassung des Gewinnverteilungsbeschlusses vom Privat- in das Betriebsvermögen des Besitzunternehmens übergegangen ist.
Der Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses ist nicht nur für die Entstehung des Gewinnauszahlungsanspruchs, sondern auch für die Beurteilung der Frage entscheidend, wem die Einnahmen aus dem Anspruch zuzurechnen sind. Dies zeigt die zum 1.1.1994 mit dem StandOG eingeführte Regelung des § 20 Abs. 2a EStG. Hiernach erzielt derjenige bei Beteiligungen Einkünfte aus Kapitalvermögen, dem die Anteile i.S. des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses nach § 39 AO zuzurechnen sind. Die Regelung des § 20 Abs. 2a EStG gibt die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertretene Auffassung wieder und beinhaltet insoweit lediglich eine Klarstellung der auch schon vorher geltenden Rechtslage. Sind aber die Einnahmen demjenigen zuzurechnen, der im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses Anteilseigner ist, muss es auch für die Qualifizierung der Einkunftsart auf diesen Zeitpunkt ankommen.
Link zur Entscheidung
BFH vom 14.9.1999 - III R 47/98