Leitsatz
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Gewinne stammen nur dann "aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr" i.S. des Art. 8 Abs. 1 DBA-Schweiz, wenn es zumindest zeitweise zum Betrieb des Schiffs gekommen ist. |
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Ist es nicht zum Betrieb des Seeschiffs gekommen und handelt es sich bei den erzielten Gewinnen um solche aus Währungsschwankungen und Schadensersatzleistungen, so liegt keine aktive Tätigkeit i.S. des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz vor. |
Sachverhalt
Die in Deutschland wohnhaften X und Y gründeten eine Reederei über ein noch zu erstellendes Seeschiff. Sie bestellten die liberianische B-Inc. zur Korrespondentreederin. Die B-Inc., die das Schiff schon zuvor bei einer polnischen Werft in Auftrag gegeben hatte, bestellte später die Schweizer N-AG zum Vertragsreeder.
Wegen wirtschaftlicher Probleme der Werft wurde das Schiff nicht fertiggestellt. Es kam deshalb zu einem Rechtsstreit, der damit endete, dass die Werft u.a. erhaltene Anzahlungen zurückerstatten und Schadensersatz leisten musste. Die geleisteten Zahlungen führten bei X und Y zu (überwiegend: Währungs-) Gewinnen. Das Finanzamt unterwarf diese Gewinne der Einkommensteuer, während X und Y meinten, sie seien nach dem DBA-Schweiz steuerfrei.
Entscheidung
Die Gewinne dürfen in Deutschland besteuert werden. Sie unterliegen abkommensrechtlich nicht Art. 8 DBA-Schweiz, der den Betrieb von Seeschiffen betrifft, da es nicht zum Betrieb des Schiffs gekommen ist. Maßgeblich ist vielmehr Art. 24 i.V.m. Art. 7 DBA-Schweiz ("Unternehmensgewinne"). Danach sind zwar "aktive" Einküfte aus einer Betriebsstätte in der Schweiz von der deutschen Steuer befreit. Um solche handelt es sich bei Währungsgewinnen und Schadensersatzleistungen im Zusammenhang mit einem niemals betriebenen Unternehmen jedoch nicht. Deshalb scheidet unabhängig davon, ob die N-AG "Betriebsstätte" der Reederei war, eine Steuerbefreiung aus. Es bleibt aber zu prüfen, ob die streitigen Gewinne in der Schweiz besteuert worden sind und ob diese Steuer gegebenenfalls auf die Einkommensteuer anzurechnen ist.
Praxishinweis
X und Y könnten insoweit eine Betriebsstätte in der Schweiz unterhalten haben, als das Abkommensrecht die Geschäftsleitung als Betriebsstätte definiert. Die Geschäftsleitung einer Reederei kann sich entweder bei dem Eigentümer der Reederei oder bei einem von diesem Beauftragten befinden. Sie hätte im Urteilsfall deshalb bei der Schweizer N-AG liegen können. Nur in diesem Fall wäre eine etwa gezahlte Schweizer Steuer in Deutschland anrechenbar.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 01.04.2003, I R 31/02