Leitsatz (amtlich)

Ermittelt ein Freiberufler seinen Gewinn für ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr, kann die Gewinnermittlung der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Der im Kalenderjahr bezogene Gewinn ist im Wege der Schätzung zu ermitteln. Dies kann in der Regel durch eine zeitanteilige Aufteilung der für die abweichenden Wirtschaftsjahre ermittelten Gewinne erfolgen.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte gewerbliche Einkünfte sowie Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Fotograf. Für diese Tätigkeiten bestand eine einheitliche Buchführung, die jeweils den Zeitraum vom 1.3. eines Jahres bis zum 28./29.2. des Folgejahres umfasste. Daraus entwickelte der Kläger Bilanzen für den Gewerbebetrieb und für die Tätigkeit als Fotograf auf den Stichtag 28./29.2. Bei einer im November 1989 abgeschlossenen Außenprüfung für 1986 bis 1988 beanstandete der Prüfer erstmals, dass für die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nicht das Kalenderjahr als Gewinnermittlungszeitraum zugrunde gelegt worden sei. Von einer rückwirkenden Ablehnung der Gewinnermittlungen nach dem abweichenden Wirtschaftsjahr wurde aber abgesehen[1]. Dem Kläger wurde aufgegeben, den Gewinn für seine freiberuflichen Einkünfte künftig nach dem Kalenderjahr zu ermitteln. Im Prüfungsbericht wurden bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens die freiberuflichen Einkünfte aufgrund der Gewinnermittlung des Klägers für den Zeitraum 1.3.1987 bis 29.2.1988 erfasst. Dementsprechend erließ das Finanzamt einen geänderten ESt-Bescheid für 1988. Für das Streitjahr 1989 errechnete der Kläger aus der für seine gesamte Tätigkeit aufgestellten einheitlichen Bilanz zum 28.2.1989 sowie aus der laufenden Buchführung bis zum 31.12.1989 den Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit 1989. Dem folgte das Finanzamt zunächst und erließ einen entsprechenden ESt-Bescheid 1989 unter Vorbehalt der Nachprüfung. Unbesteuert blieb dadurch der auf den Zeitraum vom 1.3.1988 bis 31.12.1988 entfallende Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit von ca. 303 000 DM. Das erkannte das Finanzamt erst später und versuchte den Gewinn zusätzlich im Streitjahr 1989 durch einen entsprechenden ESt-Änderungsbescheid zu erfassen. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab[2]. Die Revision des Klägers hatte Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Der in der Zeit vom 1.3.1988 bis zum 31.12.1988 erzielte Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit darf nicht im Streitjahr 1989 besteuert werden. Die ESt ist eine Jahressteuer. Sie wird gemäß § 25 Abs. 1 EStG jährlich und nach dem im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkommen veranlagt. Die Grundlagen für die Fest setzung sind im Fall unbeschränkter Steuerpflicht während des ganzen Jahres jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln[3]. Eine Ausnahme davon gilt nur für Land- und Forstwirte oder Gewerbetreibende, deren Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln ist[4]. Der Kläger war, soweit er Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Fotograf erzielte, freiberuflich tätig[5]. Die Einkünfte aus dieser Tätigkeit sind dementsprechend für das Kalenderjahr zu ermitteln. Für den streitigen Veranlagungszeitraum sind die vom 1.1.1989 bis 31.12.1989 bezogenen Einkünfte aus der Tätigkeit als Fotograf Besteuerungsgrundlage.

Zu Unrecht hat das FG angenommen, dass im Streitfall unter Erweiterung des Zeitraums für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen auch der auf die Zeit vom 1.3. bis 31.12.1988 entfallende Gewinn im Jahr 1989 zu erfassen sei. Ermittelt der Steuerpflichtige unzulässigerweise seinen Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr, kann die Gewinnermittlung der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Vielmehr ist der im Kalenderjahr bezogene Gewinn im Wege der Schätzung zu ermitteln. Dies kann i.d.R. durch eine zeitanteilige Aufteilung der Gewinne geschehen, die für die das Kalenderjahr berührenden abweichenden Wirtschaftsjahre ausgewiesen worden sind. So ist auch zu verfahren, wenn das Finanzamt in früheren Jahren fehlerhaft die Gewinnermittlung für ein abweichendes Wirtschaftsjahr zugelassen hat. Die Grundsätze von Treu und Glauben könnten einer Umrechnung auf das Kalenderjahr allenfalls insoweit entgegenstehen, als es zur Doppelerfassung eines bereits in dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum bestandskräftig besteuerten Gewinns kommen würde. Deshalb kommt eine Bindung des Finanzamts an die früher fehlerhaft akzeptierte Gewinnermittlung für ein abweichendes Wirtschaftsjahr nicht in Betracht[6].

Im Streitfall kann dahinstehen, für welchen Veranlagungszeitraum das Finanzamt seinen Fehler hätte korrigieren müssen; denn jedenfalls würde sich dabei nicht eine Einbeziehung des in der Zeit vom 1.3. bis 31.12.1988 erzielten Gewinns in die Einkünfteermittlung für das Jahr 1989 ergeben. Nachdem das Finanzamt durch die Außenprüfung auf die fehlerhafte Gewinnermittlung aufmerksam gemacht worden war, hätte es spätestens für das letzte Jahr des Prüfungszeitraums, also für 1988, eine Umrechnung auf das Kalenderjahr vornehmen müssen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 23.9.1999 - IV R 4...

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