Das steht im Urteil
Die den Bundestagsabgeordneten gewährte steuerfreie Kostenpauschale kann anderen Steuerpflichtigen nicht gewährt werden. Die Frage, ob dadurch der Gleichheitssatz verletzt wird, bleibt offen.
Der Sachverhalt
Den Abgeordneten des Bundestags steht – außer einer Abgeordnetenentschädigung i.H.v. 7.339 EUR – eine Aufwandsentschädigung zu (§ 12 Abs. 1 AbgG). Dazu gehört vor allem die monatliche Kostenpauschale i.H.v. 3.782 EUR, die den Abgeordneten für den Ausgleich von Bürokosten, Mehraufwendungen am Sitz des Bundestags und bei Reisen, Fahrtkosten für Fahrten in Ausübung des Mandats sowie sonstigen mandatsbedingten Kosten – wie Aufwendungen für Repräsentation und Wahlkreisbetreuung – gewährt wird (§ 12 Abs. 2 AbgG). Die Kostenpauschale erfasst damit Aufwendungen, die den Bundestagsabgeordneten aufgrund ihres Abgeordnetenstatus typischerweise entstehen. Sie ist gem. § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG steuerfrei.
Diese Regelung war jetzt zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gemacht worden. Im Streitfall hatte ein Richter am Finanzgericht (A) bei seiner Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr (2000) zunächst Werbungskosten in Höhe von 23.374 DM geltend gemacht, die im Wesentlichen aus Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (15.284 DM), für Arbeitsmittel (2.602 DM) und für Telefon (810 DM) bestanden. Im Rechtsbehelfsverfahren begehrte er die Anerkennung höherer Berufsausgaben. Zur Begründung berief er sich darauf, dass Bundestagsabgeordnete eine steuerfreie Kostenpauschale erhielten, die rund ein Drittel ihrer Gesamtbezüge ausmache. Nach seiner Auffassung verstößt es gegen den Gleichheitssatz, dass die steuerfreie Kostenpauschale nur Abgeordneten zustehe; dies führe zu einer Ungleichbehandlung der Abgeordneten gegenüber der Vergleichsgruppe von höheren Beamten und Richtern.
Die Meinung des BFH
Der BFH lehnt die von A begehrte pauschale Berücksichtigung von Werbungskosten ab. Er hält es auch nicht für geboten, dem BVerfG die Frage vorzulegen, ob in der Gewährung einer steuerfreien Kostenpauschale an die Abgeordneten eine gleichheitswidrige Begünstigung liegt. Denn er hält die Voraussetzungen für eine Vorlage an das BVerfG (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG) im Streitfall nicht für gegeben. Eine Entscheidung des BVerfG ist gem. Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG nur dann einzuholen, wenn "ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig" hält. Eine Richtervorlage setzt danach nicht nur voraus, dass das vorlegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm überzeugt sein muss. Es muss hinzukommen, dass die Entscheidung der verfassungsrechtlichen Frage zur abschließenden Beurteilung des konkreten Rechtsstreits unerlässlich ist. Macht der Kläger des Ausgangsverfahrens geltend, dass ihm eine gesetzliche Begünstigung gleichheitswidrig vorenthalten werde, so setzt die Entscheidungserheblichkeit einer Vorlage voraus, dass die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm dem Kläger "die Chance offenhält, eine für ihn günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen". Danach kam es im Rechtsstreit des A um die Rechtmäßigkeit des gegen ihn gerichteten Einkommensteuerbescheids auf die Gültigkeit des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG i.V.m. § 12 Abs. 2 AbgG nicht an, weil der Gesetzgeber sowohl aus rechtlichen als auch aus offenkundig tatsächlichen Gründen daran gehindert ist, im Rahmen einer Neuregelung eine für A günstigere Regelung zu schaffen. Die Einbeziehung des A in die steuerfreie Kostenpauschale scheitert bereits daran, dass andere Berufsgruppen nicht mit den Abgeordneten vergleichbar sind. Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass die Aufwendungen des A nur in der tatsächlich angefallenen Höhe berücksichtigt werden können. Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung von Abzügen entspräche nicht mehr dem Grundsatz der steuerlichen Lastengleichheit.
Der BFH hat am selben Tag noch zwei weitere Urteile erlassen, die die Begünstigung durch die Abgeordnetenpauschale zum Gegenstand hatten. Die Kläger (außer dem Richter am Finanzgericht: ein Geschäftsführer sowie ein Rechtsanwalt und Steuerberater) können sich nunmehr durch Erhebung einer Verfassungsbeschwerde (§ 90 BVerfGG) direkt an das Bundesverfassungsgericht wenden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.09.2008, VI R 13/06v. 11.9. 2008, VI R 13/06