Prof. Dr. Edeltraud Günther, Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Unterlässt es der Steuerberater, seinen Mandanten nach absetzbaren Krankheitskosten zu befragen, kann dies grob schuldhaft sein.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige wurde für die Jahre 1998 bis 2000 bestandskräftig zur Einkommensteuer veranlagt. Nachträglich machte sie die Änderung dieser Steuerfestsetzungen geltend, weil ihr in den Streitjahren hohe außergewöhnliche Belastungen in Form von Aufwendungen für Zahnerhaltungsmaßnahmen entstanden waren, die in ihren Steuererklärungen nicht geltend gemacht worden waren. Das Finanzamt lehnte die Bescheidänderungen ab, da der Steuerpflichtigen bzw. ihrem steuerlichen Berater am nachträglichen Bekanntwerden der Krankheitskosten ein grobes Verschulden treffe. Auch die erhobene Klage blieb erfolglos.
Der BFH entschied, dass die Steuerpflichtige auch ein Verschulden seines Steuerberaters bei der Anfertigung der Steuererklärung zu vertreten hat. Hierbei ist zu beachten, dass von Angehörigen der steuerberatenden Berufe verlangt werden muss, dass sie den Inhalt der Merkblätter kennen und die üblichen Vordrucke beherrschen. Der Steuerberater darf gerade bei einem steuerlichen Laien nicht ohne Nachfrage davon ausgehen, dass aufgrund der bestehenden Krankenversicherung und der hohen zumutbaren Belastung keine steuerlich relevanten Krankheitskosten vorliegen. Vielmehr ist es seine Aufgabe, seine von ihm beratene Steuerpflichtige nach Aufwendungen zu fragen, die steuerlich berücksichtigt werden können. Unterlässt er dies, handelt er grob fahrlässig, wodurch eine nachträgliche Bescheidänderung nach 3 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ausgeschlossen wird.
Hinweis
Ein Steuerberater hat seinen Mandanten, von dessen Belehrungsbedürftigkeit er grundsätzlich auszugehen hat, umfassend zu beraten. Im Rahmen dieser Verpflichtung hat er den für die Abgabe einer vollständigen Steuererklärung maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln. Er darf sich dabei auch nicht darauf verlassen, dass die steuerlich relevanten Angaben und Unterlagen durch Dritte derart aufbereitet werden, dass Nachfragen beim Steuerpflichtigen selbst entbehrlich werden. Vielmehr kommt es allein auf seine umfassende Beratung und Aufklärung an.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 3.12.2009, VI R 58/07.