Leitsatz (amtlich)

Eine Tankstellenüberdachung mit einer Fläche von mehr als 400 qm ist bewertungsrechtlich und damit auch investitionszulagenrechtlich als Gebäude und nicht als bewegliches Wirtschaftsgut zu beurteilen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt eine Tankstelle. Am 29.5.1991 beantragte sie eine Investitionszulage gemäß § 2 InvZV für die Aufwendungen zur Errichtung eines Tankstellen-Fahrbahndaches sowie eines am Tankstellendach befestigten Blitzschutzdrahtes. Das Finanzamt meinte, das Tankstellen-Fahrbahndach stelle aufgrund seiner Außenmaße von 31 m x 13 m ein Gebäude dar und sei daher - ebenso wie der auf dem Dach montierte Blitzschutzdraht - nicht investitionszulagenfähig. Das FG gab der Klage statt[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

 

Entscheidungsgründe

Die §§2 und 3 InvZV begünstigen die Anschaffung und Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Der Begriff des beweglichen Wirtschaftsgutes bestimmt sich in Anlehnung an das ESt-Recht, das eine Abgrenzung der beweglichen von den unbeweglichen Wirtschaftsgütern auf der Grundlage des bürgerlichen Rechts über die wesentlichen Gebäudebestandteile und Scheinbestandteile[2] und des Bewertungsrechts vornimmt[3]. Nicht zu den beweglichen Wirtschaftsgütern zählt das Grundvermögen, zu dem auch Gebäude gehören. Nicht in das Grundvermögen einbezogen und damit als bewegliche Wirtschaftsgüter zu qualifizieren sind dagegen die sog. Betriebsvorrichtungen.

Das Tankstellen-Fahrbahndach der Klägerin erfüllt den Begriff des Gebäudes in diesem Sinne. Die Frage, ob ein Bauwerk als Gebäude oder als Betriebsvorrichtung zu betrachten ist, kann nur unter Würdigung des Einzelfalls beantwortet werden; der Verkehrsanschauung kommt (nur dann) Bedeutung zu, wenn Zweifel bestehen, ob ein bestimmtes Merkmal des Gebäudebegriffs vorliegt. Das Tankstellen-Fahrbahndach stellt ein Bauwerk dar, das fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist und einen nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet. Dabei kommt es insbesondere nicht darauf an, dass das Bauwerk mit Blick auf seinen betriebswirtschaftlichen Nutzen in erster Linie darauf ausgerichtet ist, Menschen lediglich einen vorübergehenden Aufenthalt - für die Dauer des Tankvorganges - zu ermöglichen. Im Streitfall ist - aus dem funktionalen Verständnis der Merkmale des Gebäudebegriffs heraus - ohne weiter davon auszugehen, dass der Raum unter dem Tankstellendach der Klägerin den Aufenthalt von Menschen gestattet. Ferner ist auch davon auszugehen, dass das Tankstellendach einen Raum umschließt, der - jedenfalls in einem zentralen, nicht nur als untergeordnet zu bezeichnenden Bereich - Schutz gegen Witterungseinflüsse gewährt. Für den Begriff der räumlichen Umschließung genügt es, dass eine Überdachung vorhanden ist, selbst wenn durchgehende Außenmauern teilweise oder an allen Seiten fehlen[4]. Im Streitfall wird der unter der Überdachung liegende Raum überdies auf einer Längsseite von einem ca. 15 m breiten Verkaufsshop teilweise begrenzt. Jedenfalls erreicht das Tankstellendach der Klägerin mit einer Fläche von über 400 qm eine Größe, bei der - unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung und vor dem Hintergrund seiner betrieblichen Funktion - Menschen und Sachen ein hinreichender Schutz gegen Witterungseinflüsse durch räumliche Umschließung gewährt wird.

Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszulage für den Blitzschutzdraht sind nicht gegeben. Der von der Klägerin am Tankstellendach installierte Blitzschutzdraht ist wesentlicher Gebäudebestandteil nach § 94 Abs. 2 BGB geworden; er stellt keine Betriebsvorrichtung dar.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 28.9.2000 – III R 26/99

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