Das steht im Urteil
Der Erbe kann einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug nach § 10d EStG nicht bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen.
Der Sachverhalt
Nach einer Jahrzehnte alten Rechtsprechung konnten Erben einen Verlust, der in der Person des Erblassers entstanden war und bei ihm nicht gem. § 10d EStG ausgeglichen werden konnte, bei ihrer eigenen Einkommensteuerveranlagung abziehen. Der Große Senat des BFH hat diese Rechtsprechung nunmehr aufgegeben. Im Streitfall ging es um einen Landwirt, der in seinen letzten Lebensjahren erhebliche Verluste erwirtschaftet hatte. Nach seinem Tod wollte ein Erbe des Landwirts, der zugleich als Hoferbe eingesetzt worden war, die bisher nicht ausgeglichenen Verluste gem. § 10d EStG bei seiner Veranlagung zur Einkommensteuer abziehen. Das Finanzamt ließ dies nicht zu. Auch das Finanzgericht vertrat – entgegen der bisherigen ständigen Rechtsprechung des BFH – die Auffassung, dass der Verlustabzug nicht vererblich sei.
Die Meinung des BFH
Zu dieser Auffassung ist nunmehr auch der Große Senat des BFH gelangt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass der Übergang des vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustvortrags nach § 10d EStG auf den Erben weder auf zivilrechtliche noch auf steuerrechtliche Vorschriften und Prinzipien gestützt werden kann. Mit dem Tod einer Person geht zwar deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über (§ 1922 Abs. 1 BGB); dieses Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge erstreckt sich auch auf das Steuerrecht (§ 45 Abs. 1 AO). Die Frage, ob ein vom Erblasser nicht aufgezehrter Verlustabzug i. S. d. § 10d EStG auf seine(n) Erben übergeht, ist jedoch in erster Linie durch Auslegung dieser Norm sowie unter Heranziehung der das Einkommensteuerrecht beherrschenden Prinzipien zu beantworten. Da die Einkommensteuer die im Einkommen zutage tretende Leistungsfähigkeit der einzelnen natürlichen Person erfasst, wird sie vom Grundsatz der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit beherrscht. Die persönliche Steuerpflicht erstreckt sich auf die Lebenszeit einer Person; sie endet mit ihrem Tod. In diesem Fall ist die Veranlagung auf das bis zum Tod erzielte Einkommen zu beschränken. Erblasser und Erbe sind verschiedene Rechtssubjekte, die jeweils für sich zur Einkommensteuer herangezogen werden und deren Einkünfte getrennt ermittelt und dem jeweiligen Einkommensteuerrechtssubjekt zugerechnet werden. Diese Grundsätze sprechen dagegen, die beim Erblasser bis zu seinem Tod nicht aufgezehrten Verlustvorträge auf ein anderes Einkommensteuerrechtssubjekt – und sei es auch nur auf seinen Erben – zu übertragen und diesem zu gestatten, die Verluste mit eigenen – positiven – Einkünften zu verrechnen. – Der Große Senat hat zwar erwogen, die – auch von der Finanzverwaltung in der Vergangenheit rund 46 Jahre akzeptierte – höchstrichterliche Rechtsprechung im Hinblick auf die Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zugunsten der betroffenen Steuerzahler aufrechtzuerhalten. Dies hat er jedoch abgelehnt.
Kommentar
Der BFH hält es allerdings aus rechtsstaatlichen Gründen für geboten, die neue Rechtsprechung zur (Nicht-)Vererblichkeit des Verlustabzugs erst mit Wirkung für die Zukunft anzuwenden. Sie wirkt sich deshalb erst in solchen Erbfällen aus, die nach Veröffentlichung dieses Beschlusses – also nach dem 12.3.2008 – eintreten werden.
Link zur Entscheidung
Beschluss v. 17.12.2007, GrS 2/04BFH, Beschluss vom 17.12.2007, GrS 2/04BFH,