Leitsatz
Der Wegfall der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 2a Satz 3 ErbStG a.F. tritt unabhängig davon ein, aus welchen Gründen das begünstigt erworbene Betriebsvermögen veräußert oder der Betrieb aufgegeben wurde; eine teleologische Reduktion des Nachversteuerungstatbestands kommt insoweit nicht in Betracht.
Sachverhalt
A ist zu ½ Miterbe nach dem 1994 verstorbenen E. Zum Nachlass gehörte u.a. ein Anteil an einer KG. Im Jahr 1998 stellte diese ihre Produktion ein, entließ sämtliche Arbeitnehmer und veräußerte ihr Vermögen. A war zu diesem Zeitpunkt mit 30,2 % an der KG beteiligt; für eine Auflösung der Gesellschaft war eine Mehrheit von 75 % erforderlich. Das Finanzamt versagte den Betriebsvermögensfreibetrags nach § 13 Abs. 2a ErbStG a.F. unter Berufung auf die Betriebsaufgabe. Hiergegen wendet sich der A.
Entscheidung
Nach § 13 Abs. 2a Satz 3 ErbStG a.F. fällt die Steuerbefreiung für Betriebsvermögen mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb ein Anteil an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 des EStG veräußert wird; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des (ganzen) Gewerbebetriebs. Auf die Frage, ob A die Veräußerung des Betriebsvermögens gesellschaftsrechtlich hätte verhindern können, kommt es nicht an. Als Gesamthänder muss er sich das Handeln der Gesellschafterversammlung auch dann zurechnen lassen, wenn dieses auf der Ausübung eines Verwaltungs- und Verfügungsrechts beruht, das bereits einer Mehrheit von Gesellschaftern zusteht.
Gründe, den Betriebsvermögensfreibetrag trotz Aufgabe des Gewerbebetriebs zu gewähren, liegen nicht vor. Eine verminderte Leistungsfähigkeit des A als Erwerber von Betriebsvermögen rechtfertigt nicht die Weitergewährung des Freibetrags. Denn die Bewertung des Betriebsvermögens durch Ansatz der Steuerbilanzwerte und damit deutlich unterhalb des Verkehrswerts berücksichtigt bereits die mit dem Betriebsvermögen verbundenen Risiken.
Durch die Betriebsaufgabe oder -veräußerung wird das vom Gesetzgeber angestrebte Förderungsziel "Erhaltung von Arbeitsplätzen" objektiv verfehlt. Der Gesetzgeber hat die Grenzen seines Typisierungsspielraums nicht überschritten, wenn er die individuellen Motive für die objektive Zielverfehlung unberücksichtigt lässt. Eine teleologische Einschränkung der Vorschrift ist weder nach Wortlaut noch Zielsetzung geboten.
Praxishinweis
Die Hoffnungen, die der BFH für den Fall der Betriebsaufgabe als Folge eines Insolvenzverfahrens geweckt hat, sind mit der vorliegenden Entscheidung enttäuscht worden. Maßgebend für diesen "Kurswechsel" war die Erkenntnis, dass eine Abgrenzung zwischen Gestaltungsfreiheit einerseits und Bindung an Marktmechanismen andererseits schwierig und eine Prüfung, ob eine unternehmerische Entscheidung "erzwungen" wurde, häufig nicht möglich ist.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 16.2.2005, II R 39/03