Schutz der Miterben
Veräußert ein Miterbe seinen Anteil am Nachlass an einen Dritten, wird den verbleibenden Erben ein Außenstehender aufgedrängt. Um die hiermit verbundenen möglichen Nachteile für die Erbengemeinschaft zu vermeiden, haben die übrigen Miterben für den Verkaufsfall ein Vorkaufsrecht (§ 2034 BGB). Gleiches gilt, wenn die Erben eines bereits verstorbenen Miterben dessen Erbteil an einen Dritten verkaufen.
2.1 Erbteilsverkauf
Nur im Verkaufsfall
Das Vorkaufsrecht besteht nur, wenn ein Miterbe seinen Anteil an einen Dritten freiwillig und rechtswirksam verkauft. Es gilt also nicht bei Veräußerung aufgrund anderer Verträge wie Schenkung, Tausch, Sicherungsübereignung, Teilungsversteigerung; auch nicht bei Verkauf des Anteils durch den Insolvenzverwalter des insolvent gewordenen Miterben (§ 471 BGB), denn es handelt sich dann nicht um eine freiwillige Veräußerung seitens des Miterben.
Wird nur der Anteil an einem einzelnen Nachlassgegenstand veräußert, löst dies kein Vorkaufsrecht aus (§ 2033 Abs. 2 BGB).
"Verkauf" nicht eng auslegen
Andererseits darf im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift, die Erbengemeinschaft vor dem Eintritt Außenstehender zu schützen, das Merkmal des Verkaufs nicht zu eng ausgelegt werden. Auch auf Verträge, die praktisch einem Erbteilsverkauf gleichkommen, muss § 2034 BGB anwendbar sein.
Umgehungsgeschäfte können im Übrigen nach § 138 BGB nichtig sein.
2.2 Vorkaufsberechtigte
Gemeinschaftliches Recht
Das Vorkaufsrecht steht nicht einem einzelnen Miterben, sondern nur allen übrigen Miterben gemeinschaftlich zu. Dies gilt wohl auch für das ererbte Miterbenvorkaufsrecht der Erbeserben. Wollen es ein oder mehrere Miterben nicht ausüben, verbleibt das Recht dem oder den vorkaufswilligen Miterben (§ 472 BGB). Berechtigt ist auch ein Miterbe, der beabsichtigt, den begehrten Erbteil später zu veräußern. Vorkaufsberechtigt sind nur die Miterben, nicht ein Dritter, der einen Erbanteil erworben hat. Ob die Miterben ein Vorkaufsrecht haben, beurteilt sich nach Sinn und Zweck der Vorschrift. Nicht vorkaufsberechtigt ist z. B. der Miterbe, der seinen Anteil veräußert hat und damit aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden ist, auch wenn er formal Miterbe bleibt.
2.3 Ausübung des Vorkaufsrechts
Formlose Erklärung erforderlich
Das Vorkaufsrecht, das mit Abschluss des Kaufvertrags entsteht, wird durch formlose Erklärung ausgeübt. Mehrere vorkaufsbereite Miterben müssen ihr Vorkaufsrecht einheitlich ausüben (§ 472 BGB; vgl. Roth, NJW-Spezial 2022, 167). Bis zur Übertragung des Erbteils auf den Erwerber muss die Erklärung gegenüber dem verkaufenden Miterben abgegeben werden, danach gegenüber dem Erwerber (Vgl. §§ 464, 2035 Abs. 1 BGB).
Nachricht von Verkauf an Miterben
Deshalb hat der Verkäufer die Miterben von der Übertragung unverzüglich zu benachrichtigen (§ 2035 Abs. 2 BGB). Auch muss er ihnen den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Vertrags umgehend mitteilen (§ 469 Abs. 1 BGB).
Frist beachten
Vom Empfang dieser Mitteilung an gerechnet läuft für jeden vorkaufsberechtigten Miterben eine Frist von 2 Monaten für die Ausübung des Vorkaufsrechts.
Bindungswirkung
Die Ausübung des Vorkaufsrechts will gut überlegt sein: Nach Zugang der Erklärung beim Vorkaufsverpflichteten kann sich der Vorkaufsberechtigte nicht mehr einseitig von dem dadurch zustande gekommenen Kaufvertrag lösen! Der Kaufvertrag kann nur einvernehmlich durch Vertrag wieder aufgehoben werden.
Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs
Ein Grundstückserwerb, der auf der Übertragung von Anteilen an einer Erbengemeinschaft beruht, kann auch dadurch rückgängig gemacht werden, dass ein Miterbe sein gesetzliches Vorkaufsrecht ausübt und der Erwerber in Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 2035 Abs. 1 Satz 1 BGB die Erbteile unmittelbar auf den vorkaufsberechtigten Miterben überträgt.
2.4 Wirkung der Ausübung des Vorkaufsrechts
Übertragung des Erbteils auf Miterben
Haben die Miterben ihr Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt, erwerben sie den verkauften Erbteil selbst durch das ausgeübte Vorkaufsrecht noch nicht. Vielmehr ist der Käufer verpflichtet, den erworbenen Anteil auf sie zu übertragen. Gleichzeit...