Wirkung

Dem Insolvenzverwalter steht die Möglichkeit offen, Gegenstände aus der Insolvenzmasse freizugeben. Diese Freigabemöglichkeit ist nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt, wird aber in § 32 Abs. 3 InsO[1] vorausgesetzt. Mit der Freigabe wird der Gegenstand aus der Insolvenzmasse (§ 35 InsO) in das insolvenzfreie Vermögen überführt. Der Schuldner erlangt die freie Verfügungsbefugnis über ihn zurück.

Infolge der Freigabe wird der betreffende Vermögensgegenstand nicht pfändungsfrei.

 
Praxis-Beispiel

Vollstreckungsverbot

Nachdem der Insolvenzverwalter die Wohnung der Schuldnerin aus der Masse des 2005 eröffneten Insolvenzverfahrens freigegeben hatte, beantragte die Wohnungseigentumsverwalterin die Anordnung der Zwangsverwaltung für aus 2004 resultierende Wohngeldrückstände. Sowohl das Amtsgericht wie auch das Landgericht lehnten dies ab, weil das Insolvenzverfahren noch andauert.

Auch der BGH[2] folgt dieser Auffassung der Instanzgerichte: Gibt ein Insolvenzverwalter oder Treuhänder einen dem Schuldner gehörenden Gegenstand aus der Insolvenzmasse frei, unterliegt dieser als sonstiges Vermögen des Schuldners dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO. Nur bei Bestehen eines Absonderungsrechts, etwa nach § 49 InsO, könne eine Vollstreckung während des andauernden Insolvenzverfahrens in Betracht kommen. Ein dafür erforderliches dingliches Recht liege jedoch nicht vor.

Abgrenzung

Diese (echte) Freigabe ist abzugrenzen[3] von

  • der Freigabe von Sicherungsgut an den Absonderungsberechtigten (vgl. § 170 Abs. 2 InsO),
  • der Herausgabe von massefremden Gegenständen an den Aussonderungsberechtigten (unechte Freigabe)
  • sowie von der modifizierten Freigabe nach § 35 Abs. 2 InsO betreffend den selbstständigen Schuldner.[4]

Schutz des Drittschuldners

Erbringt der gutgläubige Drittschuldner in Unkenntnis der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters an diesen eine Leistung zur Erfüllung einer gegenüber dem Schuldner bestehenden Verbindlichkeit, so kann in entsprechender Anwendung von § 82 InsO Befreiung eintreten.[5] Schuldner sollten ihre Drittschuldner im Falle der Freigabe einer Forderung durch den Insolvenzverwalter unmittelbar hiervon in Kenntnis setzen.

[1] Satz 1 lautet: Werden ein Grundstück oder ein Recht, bei denen die Eröffnung des Verfahrens eingetragen worden ist, vom Verwalter freigegeben oder veräußert, so hat das Insolvenzgericht auf Antrag das Grundbuchamt um Löschung der Eintragung zu ersuchen.
[3] Lwowski/Tetzlaff, MüKomm Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2008, § 165 Rn. 186.
[4] Dazu LG Göttingen, Beschluss v. 8.8.2011, 10 T 53/11, NZI 2011 S. 775; ferner Fritz, NZI 2011, S. 801; Kranenberg, NZI 2009, S. 156.

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