Rechte des Pflichtteilsberechtigten

Der pflichtteilsberechtigte Nichterbe kann nach § 2314 BGB dreierlei verlangen, nämlich dass

  • ihm von dem Erben über den Bestand des Nachlasses Auskunft erteilt,
  • er bei der Aufnahme des Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und
  • deren Wert ermittelt wird.

Der Auskunftsanspruch erstreckt sich nicht nur auf den realen Nachlass, sondern auch auf den fiktiven Nachlass, also auf ausgleichspflichtige Zuwendungen (§§ 2316, 2050 BGB) und auf ergänzungspflichtige Schenkungen (§ 2325 BGB).[1] Geschuldet ist ein Bestandsverzeichnis gemäß § 260 BGB. Dabei ist eine Belegvorlagepflicht im Pflichtteilsrecht umstritten. Verweigert der Erbe die Belegvorlage, kann der Pflichtteilsberechtigte die Aufnahme des Verzeichnisses durch einen Notar einschließlich seiner Hinzuziehung bei der Aufnahme verlangen (§ 2314 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB) und dabei dann die dem Notar vorliegenden Belege einsehen.[2]

 
Praxis-Tipp

Wertgutachten im Beweisverfahren

Ein Pflichtteilsberechtigter kann im Wege des selbstständigen Beweisverfahrens (§ 485 ZPO) die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung des Verkehrswertes einer im Nachlass vorhandenen Immobilie verlangen. Er ist nicht auf die Erhebung einer Auskunfts- und Wertermittlungsklage gemäß § 2314 BGB zu verweisen.[3]

Notarielles Verzeichnis

Auch wenn sich der Erbe bemüht, dem Pflichtteilsberechtigten die Auskünfte durch ein privatschriftliches Verzeichnis so gut als möglich, vollständig und nach bestem Wissen und Gewissen zusammenzustellen, muss er mit der Aufforderung zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses (Nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB)[4] rechnen. Dieses bietet dem Pflichtteilsberechtigten die Gewähr einer höheren Richtigkeit als ein privat errichtetes Verzeichnis, da der Notar um vollständige und wahrheitsgemäße Angaben bemüht ist und dessen Verzeichnis Klarheit und Übersichtlichkeit erwarten lässt.[5]

Für die Erstellung wird ein Zeitraum von 3 – 4 Monaten als angemessen erachtet;[6] das gilt auch bei "Arbeitsüberlastung".[7]

Der Notar hat den Nachlassbestand selbst und eigenständig zu ermitteln und durch Bestätigung des Verzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck zu bringen, dass er für dessen Inhalt verantwortlich ist. Dazu muss er den Erben grundsätzlich persönlich befragen und auf seine Wahrheitspflicht hinweisen.[8]

Vollständigkeit

Häufig gibt es Streit darüber, ob das Nachlassverzeichnis vollständig ist.[9] Bestehen hieran begründete Zweifel, ist der Erbe nach § 260 Abs. 2 BGB auch dann zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet, wenn die Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses erteilt worden ist. Die Versicherung an Eides statt ist nicht auf diejenigen Angaben beschränkt, die im Verzeichnis als solche des Erben gekennzeichnet sind.[10]

Im Falle fehlender Mitwirkung des Auskunftsverpflichteten droht die Verhängung von Zwangsmitteln.[11]

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