Zusammenfassung
Eine wichtige Rolle im Nachlassrecht spielen Auskunftsansprüche. Oft ergibt sich erst nach Erteilung der Auskunft, ob und gegebenfalls in welchem Umfang erbrechtliche Ansprüche bestehen. Dabei spielt das notarielle Nachlassverzeichnis eine wichtige Rolle.
1 Auskunftsansprüche
1.1 Auskunftspflicht der Miterben untereinander
Grundsatz
Der Miterbe ist aufgrund seiner Stellung als Erbe regelmäßig selbst in der Lage, sich die erforderlichen Informationen über Bestand und Wert des Nachlasses zu beschaffen. Insbesondere sein Recht auf Mitverwaltung des Nachlasses gemäß § 2038 BGB ermöglicht es ihm, jederzeit Kenntnis über die Höhe des Nachlasses zu gewinnen. Eine allgemeine Auskunftspflicht der Miterben untereinander über den Nachlass besteht daher nach überwiegender Meinung nicht.
Ausnahmen
Im Einzelfall können allerdings Auskunftsansprüche bestehen. So ist jeder Miterbe verpflichtet, den übrigen Erben auf Verlangen Auskunft über die Zuwendungen zu erteilen, die er nach den §§ 2050 ff. BGB zur Ausgleichung zu bringen hat (§ 2057 BGB).
Eine Auskunftspflicht besteht ferner für einen Miterben, der zum Betreuer des Erblassers bestellt war und bereits mit der Nachlassabwicklung begonnen hat.
Ähnliches kann gelten bei Erteilung einer Vorsorgevollmacht.
Eigenmächtiger Miterbe
Wenn ein Miterbe ohne Auftrag tätig wird und auf eigene Faust die Nachlassabwicklung betreibt, besteht auch ein Anspruch auf Auskunft nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 666 BGB i. V. m. § 681 Satz 2 BGB).
Sonderfälle
Darüber hinaus sind Auskunfts- und Rechenschaftspflichten der Miterben in verschiedenen Einzelvorschriften geregelt. So schuldet Auskunft derjenige Miterbe, der den Nachlass verwaltet (§§ 2038, 666 BGB) oder der Scheinerbe oder Hausgenosse (§ 2362 Abs. 2 BGB; § 2028 Abs. 1 BGB) ist oder der Vorempfänger (§ 2057 BGB) erhalten hat.
Auskunftsansprüche des Alleinerben
Ist dem Alleinerben der Umfang des Nachlasses nicht bekannt, stehen ihm verschiedene Auskunftsmöglichkeiten gegen Dritte zu, um den Nachlass zu ermitteln. So hat er gegenüber Kreditinstituten, welche die Erblasserkonten führen, dieselben Auskunftsrechte wie der Erblasser selbst. Gleiches gilt für einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Grundbuchamt nach § 12 GBO, da der Alleinerbe sein berechtigtes Interesse aufgrund seiner Erbenstellung nachweisen kann.
1.2 Auskunftspflichten zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigten
Wechselseitige Ansprüche
Ohne Auskunftsrechte kann die Höhe von Pflichtteilsansprüchen nicht ermittelt werden. Dabei hat nicht nur der Erbe Auskünfte zu erteilen, sondern auch der Pflichtteilsberechtigte, sofern er nicht Erbe ist.
Einem Pflichtteilsberechtigten steht auch nach Ausschlagung seines Erbteils ein Auskunftsanspruch zu.
1.2.1 Auskunftspflichten der Erben
Rechte des Pflichtteilsberechtigten
Der pflichtteilsberechtigte Nichterbe kann nach § 2314 BGB dreierlei verlangen, nämlich dass
- ihm von dem Erben über den Bestand des Nachlasses Auskunft erteilt,
- er bei der Aufnahme des Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und
- deren Wert ermittelt wird.
Der Auskunftsanspruch erstreckt sich nicht nur auf den realen Nachlass, sondern auch auf den fiktiven Nachlass, also auf ausgleichspflichtige Zuwendungen (§§ 2316, 2050 BGB) und auf ergänzungspflichtige Schenkungen (§ 2325 BGB). Geschuldet ist ein Bestandsverzeichnis gemäß § 260 BGB. Dabei ist eine Belegvorlagepflicht im Pflichtteilsrecht umstritten. Verweigert der Erbe die Belegvorlage, kann der Pflichtteilsberechtigte die Aufnahme des Verzeichnisses durch einen Notar einschließlich seiner Hinzuziehung bei der Aufnahme verlangen (§ 2314 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB) und dabei dann die dem Notar vorliegenden Belege einsehen.
Wertgutachten im Beweisverfahren
Ein Pflichtteilsberechtigter kann im Wege des selbstständigen Beweisverfahrens (§ 485 ZPO) die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung des Verkehrswertes einer im Nachlass vorhandenen Immobilie verlangen. Er ist nicht auf die Erhebung einer Auskunfts- und Wertermittlungsklage gemäß § 2314 BGB zu verweisen.