Ehegatten mit Kindern

Eine gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten muss nicht notwendig wechselbezüglich (§ 2270 BGB) sein. Ehepartner mit Kindern wollen nicht selten Erbengemeinschaften zwischen den Kindern und dem überlebenden Elternteil vermeiden. Dann bietet sich die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments oder Erbvertrags an, in dem sie sich das Vermögen zunächst gegenseitig zuwenden und bestimmen, dass die Kinder erst nach dem Tod des Längstlebenden erben sollen.

3 Möglichkeiten

Insoweit bestehen grundsätzlich 3 Gestaltungsmöglichkeiten:[1]

  • Trennungslösung: Jeder Ehepartner setzt den anderen zum Vorerben und die Dritten (z. B. Kinder) zum Nacherben (§ 2100 BGB) sowie für den Fall, dass der andere vor oder gleichzeitig mit dem Verfügenden sterben sollte, zum Ersatzerben (§§ 2096, 2102 Abs. 1 BGB) ein. Der Dritte erhält in diesem Fall den Nachlass zum Teil als Nacherbe des zuerst verstorbenen Ehepartners und zum Teil als Vollerbe des Längstlebenden.
  • Einheitslösung: Jeder Ehepartner setzt den anderen zum alleinigen Vollerben und den Dritten zum Ersatzerben für den Fall, dass der andere vor oder gleichzeitig mit dem Verfügenden sterben sollte, ein. Der Dritte erhält damit den Nachlass mit dem Tod des Längstlebenden "einheitlich" als dessen Vollerbe ("Berliner Testament").
  • Nießbrauchsvermächtnis: Jeder Ehepartner setzt den oder die Dritten als Vollerben ein und wendet dem überlebenden Ehegatten nur den Nießbrauch am gesamten Nachlass oder einem Teil hiervon zu (§ 1089 i. V. m. §§ 1085 ff., 2147 ff. BGB).

"Berliner Testament"

Schon der Gesetzgeber ging davon aus, dass das "Berliner Testament" dem Willen der Eheleute im Zweifel am besten entspricht.[2] Dies gilt erst recht in Zeiten, in denen die durchschnittliche Lebenserwartung deutlich gestiegen ist. Mit zunehmendem Alter wird das Bedürfnis des überlebenden Partners, das wesentliche Vermögen des Paares für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung zu haben, größer, während aufseiten der Kinder die Leistung der Eltern für ihre Ausbildung wesentlich wichtiger geworden ist und der Vermögensübergang durch Erbfolge regelmäßig zu einem Zeitpunkt stattfindet, zu dem die Kinder bereits eine wirtschaftlich sichere Position erlangt haben.[3]

Verfügungsvorbehalt

Setzen sich Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmen anschließend – vor der nachfolgenden Schlusserbeneinsetzung der gemeinsamen Kinder –, der Längstlebende solle "über den beiderseitigen Nachlass frei verfügen können", spricht angesichts des nicht eindeutigen Wortlauts und fehlender Anhaltspunkte außerhalb des Testamentes jedenfalls die systematische Stellung dieses Satzes im Gefüge des Testamentes dafür, dass nur eine lebzeitige Verfügungsfreiheit gemeint ist und dem Längstlebenden nicht das Recht eingeräumt werden soll, die wechselbezügliche Schlusserbeneinsetzung zu ändern.[4]

 
Hinweis

Umdeutung möglich

Unwirksame Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten können mitunter im Wege der Umdeutung (§ 140 BGB) als Einzeltestamente aufrechterhalten bleiben. Diese Frage muss von der etwaigen Wechselbezüglichkeit der Verfügungen abgegrenzt werden.[5]

[1] Dazu Litzenburger, Beck'scher Online-Kommentar, Stand: 1.11.2023, § 2269 BGB Rn. 2 ff.; Musielak, Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2022, § 2269 Rn. 2 ff.
[2] Die Auslegungsregel in § 2269 Abs. 1 BGB lautet: Haben die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament, durch das sie sich gegenseitig als Erben einsetzen, bestimmt, dass nach dem Tode des Überlebenden der beiderseitige Nachlass an einen Dritten fallen soll, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Dritte für den gesamten Nachlass als Erbe des zuletzt versterbenden Ehegatten eingesetzt ist.
[3] Eingehend hierzu Muscheler, ZEV 2023, 352; Kanzleiter, ZEV 2014, 225.
[5] Eingehend Kollmeyer, NJW 2018, 662.

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