Abgrenzung zur Erbschaft

Möchte der Erblasser einzelne Personen begünstigen, ohne dass diese eine Erbenstellung erhalten sollen, so kann er insoweit Vermächtnisse aussetzen.[1] Der Vermächtnisnehmer verfügt lediglich über einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben.

Daher ist es wichtig, bei der Abfassung letztwilliger Verfügungen die Begriffe "vererben" und "vermachen" nicht synonym zu gebrauchen oder zu verwechseln. Erbschaft bedeutet, dass der Erbe alle Rechte und Pflichten an dem Eigentum des Erblassers übernimmt, nicht jedoch nur an bestimmten einzelnen Gegenständen. Will der Erblasser etwa eine Nachlassimmobilie einer bestimmten Person zuweisen, ist dies nur über die Anordnung eines entsprechenden Vermächtnisses möglich. So bestimmt auch die Auslegungsregel in § 2087 Abs. 2 BGB: Hat der Erblasser einer Person nur einzelne Gegenstände zugewendet, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er Erbe sein soll, auch wenn er als Erbe bezeichnet ist.

Arten

Der Vermächtnisnehmer kann auch einen Anteil an der gesamten Erbschaft erhalten (sog. Quotenvermächtnis).[2] Ferner kann der Erblasser mehrere mit einem Vermächtnis in der Weise bedenken, dass der Beschwerte oder ein Dritter zu bestimmen hat, wer von den mehreren das Vermächtnis erhalten soll,[3] oder einem Miterben ein Vorausvermächtnis zuordnen.[4]

 
Praxis-Tipp

Problemlösung durch "Supervermächtnis"?

In jüngerer Zeit macht das sog. Supervermächtnis Furore.[5] Hierbei wird lediglich das Vermächtnis als solches mit seinem Zweck angeordnet[6]; die Entscheidung über die weiteren Einzelheiten wie Höhe und Fälligkeit dagegen wird dem Beschwerten überlassen.[7] Damit sollen die zivilrechtlichen Vorteile des klassischen Berliner Testaments gesichert und gleichzeitig die damit verbundenen (erbschaft-)steuerlichen Nachteile vermieden werden.[8]

Auslegung

Leider lässt die Klarheit vom Erblasser selbst verfasster (aber mitunter auch notarieller!) Testamente oft zu wünschen übrig. Gerichte müssen dann im Wege der Auslegung den wahren Willen des Erblassers erforschen und den oder die Erben bestimmen.[9]

 
Praxis-Beispiel

Vermächtnis betreffend Wohnungsrecht

Ein Vermächtnis, wonach der Vermächtnisnehmer eine zum Nachlass gehörende Wohnung bis an sein Lebensende mietfrei bewohnen können soll, kann dahin ausgelegt werden, dass ihm ein dingliches Wohnrecht – und nicht nur ein schuldrechtliches Nutzungsrecht (Leihe) – zugewendet worden ist.[10]

[2] Hierzu Roth, NJW-Spezial 2022, 487.
[3] Sog. Bestimmungsvermächtnis, § 2151 BGB; vgl. Roth, NJW-Spezial 2021, 39.
[4] Dazu OLG Düsseldorf, Beschluss v. 12.8.2022, 3 Wx 71/22, ZEV 2023, 82; Roth, NJW-Spezial 2022, 7; zu weiteren Formen vgl. Horn, NJW 2018, 1000, 1001.
[7] §§ 2151 ff. BGB; Hinkers, ZEV 2022, 105, 108.
[8] Eingehend Wachter, ErbR 2019, 621; Streppel, DNotZ 2021, 259; Beckervordersandfort/Bock, ZErb 2020, 117.
[9]

S. "Grundbesitz und Nachlass: Gestaltung des Testaments" Abschn. 2.2.1.

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