Prof. Dr. Andreas Herlinghaus
Leitsatz
Der Besteuerung der mittelbaren Vereinigung der Anteile an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft in einer Hand steht die anschließende Veräußerung der Anteile auch dann nicht entgegen, wenn an den Rechtsvorgängen zum selben Konzern gehörende Unternehmen beteiligt sind.
Sachverhalt
Die L-KG war alleinige Kommanditistin der Grundstücks-KG (G-KG) und Alleingesellschafterin von deren Komplementärin. An der L-KG waren die LV-GmbH als Komplementärin sowie die B-KG als einzige Kommanditistin beteiligt. Die B-KG, die auch Alleingesellschafterin der LV-GmbH war, veräußerte mit Vertrag vom
- 16.12.1997 zunächst 25 % ihrer Beteiligung an der L-KG sowie 50 % ihrer Beteiligung an der LV-GmbH an die Klägerin;
- 14.10.1999 die ihr verbliebenen Beteiligungen an der L-KG und der LV-GmbH mit Wirkung zum 30.9.1999 an die Klägerin.
Mit Vertrag vom 18.10.1999 veräußerte die L-KG ihre Kommanditbeteiligung an der G-KG sowie ihre Beteiligung an deren Komplementärin mit Wirkung zum 30.9.1999 an die M-Holding.
Das Finanzamt beurteilte den Vertrag vom 14.10.1999 als nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG mittelbare Vereinigung der Anteile an der G-KG in der Hand der Klägerin und den Vertrag vom 18.10.1999 als ebenfalls der Grunderwerbsteuer unterliegende unmittelbare Veräußerung der Anteile an der G-KG. Einspruch, Klage und Revision gegen die Steuerfestsetzung für die mittelbare Anteilsvereinigung blieben erfolglos.
Entscheidung
Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, unterliegt ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, der Grunderwerbsteuer, wenn durch die Übertragung "alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden" und eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG nicht in Betracht kommt. Insoweit stellt sich die Frage, ob die Vereinigung der Anteile an einer Gesellschaft, die selbst zu 100 % an einer grundstücksbesitzenden (Unter-)Gesellschaft beteiligt ist, der Grunderwerbsteuer unterliegt.
Diese Frage bejaht der BFH: Gegenstand der Besteuerung ist nicht der Erwerb der Anteile an einer Gesellschaft, sondern die durch ihn begründete eigenständige Zuordnung der der Gesellschaft gehörenden Grundstücke. Derjenige, der Alleingesellschafter einer Grundstücks-Gesellschaft geworden ist, wird so behandelt, als gehörten ihm die Grundstücke, die der Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen sind. Daher gehört ein Grundstück auch dann zum Vermögen einer Gesellschaft, wenn es dieser grunderwerbsteuerrechtlich derart zuzurechnen ist, dass bei der Gesellschaft, deren Anteile vereinigt werden, in der Vergangenheit ein Tatbestand verwirklicht worden ist, der einen Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 GrEStG darstellt, und danach kein erneuter Rechtsträgerwechsel von ihr auf einen anderen stattgefunden hat. Da zu den Erwerbsvorgängen auch solche nach § 1 Abs. 3 GrEStG gehören, heißt das, dass die Vereinigung der Anteile an einer Gesellschaft, die selbst zu 100 % an einer Grundstücks-(Unter-)Gesellschaft beteiligt ist, ebenfalls der Grunderwerbsteuer unterliegt. Eine mittelbare Anteilsvereinigung begründet also die Steuerbarkeit. Daran ändert sich nichts, wenn die Anteile an der Grundstücks-(Unter-)Gesellschaft im Anschluss an die Anteilsvereinigung wieder veräußert werden. Dies gilt auch dann, wenn die an der Veräußerung beteiligten Gesellschaften durch eine Organschaft verbunden sind oder zu einem Konzern gehören.
Link zur Entscheidung
BFH, 15.12.2010, II R 45/08.