Der Sozialhilfeträger hatte früher bei der Festlegung der Unterkunfts- und Heizungskosten auf dem Gebiet der Sozialhilfe eigene Rechtssetzungsbefugnis, konnte also eigene Vorschriften erlassen. So ergaben sich in der Vergangenheit relativ wenige Rechtsstreitigkeiten, da davon ausgegangen wurde, dass die festgelegten Werte nicht angreifbar waren. Nunmehr kann im konkreten Einzelfall unter denselben Gesichtspunkten wie beim SGB II gegen die Höhe der anerkannten Unterkunftskosten auch im Geltungsbereich des SGB XII vorgegangen werden. Zumindest lässt sich das wohl der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 17.10.2013 (B 14 AS 70/12 R) entnehmen.

Bisher existiert auf dem Gebiet des SGB XII (Sozialhilfe) bezüglich der Unterkunftskosten kaum eine Rechtsprechung wie für das SGB II, daher ist hier auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den Unterkunftskosten beim SGB II zurückzugreifen. Das liegt daran, dass erst aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts die Regelungen im SGB XII an die im SGB II angeglichen wurden.

BSG, Urteil vom 17.10.2013 (B 14 AS 70/12 R)

Zitat

Die Bestimmung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch Satzung erfordert die zeit- und realitätsgerechte Erfassung der sozialen Wirklichkeit in gleicher Weise, wie es der Verwaltung bei der Bestimmung des abstrakt angemessenen Unterkunftsbedarfs vorgegeben ist.“

Tenor

„Auf die Revisionen des Antragstellers und des Antragsgegners wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. August 2012 geändert. In der Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Wohnaufwendungenverordnung WAV) des Landes Berlin vom 3. April 2012 (GVBl 2012, 99) werden in der Überschrift die Wörter „und Zwölften“ und § 6 Abs. 2 Buchstabe d für unwirksam erklärt.

Es wird festgestellt, dass die Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Wohnaufwendungenverordnung WAV) des Landes Berlin vom 3. April 2012 (GVBl 2012, 99) für Leistungsempfänger nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch nicht gilt.

BSG, Urteil vom 4.6.2014, B 14 AS 53/13 R

Leitsätze

Zitat

Eine Satzung mit einer Gesamtangemessenheitsgrenze der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung nach dem SGB 2 erfordert die realitätsgerechte Abbildung des einfachen Standards auf dem örtlichen Wohnungsmarkt sowohl für die Unterkunftsaufwendungen als auch für die Heizaufwendungen.“

Aus den Entscheidungsgründen

„Die zulässige Revision ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, dass die WAV vom 3.4.2012 unwirksam ist (dazu unten 3. bis 7.). Zu Recht hat das LSG diese Feststellung nur für den Zeitraum vom 1.5.2012 bis 31.7.2013 getroffen (dazu unten 1. und 2.).

Das Bundessozialgericht hat in verschiedenen Urteilen unter anderem ausgeführt, dass die Angemessenheit einer Unterkunft für die Hilfebedürftigen sich nur beurteilen lässt, wenn die konkrete Größe der Wohnung festgestellt wird. Dabei ist auf landesrechtliche Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus zurückzugreifen. Sodann ist der Wohnungsstandard festzustellen, wobei den Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht. Als Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnungsstandard am konkreten Wohnort heranzuziehen. Ein Umzug in eine andere Wohngemeinde kommt im Regelfall nicht in Betracht.

BSG, Urteil vom 7.11.2006, W 7 b AS 18/R: Produkttheorie

Zitat

Es kommt nicht auf eine Bewertung der einzelnen Faktoren an, sondern letztlich darauf, dass das Produkt aus Wohnung, Wohnstandard/Wohnlage und Preis der Wohnung im Bereich der Angemessenheit liegt. Erst wenn alle anderen Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft sind, kann auch die Tabelle zu § 8 WoGG (Wohngeldgesetz) Berücksichtigung finden.

Das Bundessozialgericht hat seine Rechtsprechung weiter fortgeführt. Diese Urteile sind zwar im Bereich des SGB II ergangen, aufgrund der Neuschaffung der §§ 35 und 35a SGB XII sowie des oben zitierten Urteils des Bundessozialgerichts (17.10.2013, B 14 AS 70/12 R) ist davon auszugehen, dass in Ansehung der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 7.2.2010 bei den Unterkunftskosten im Bereich des SGB XII kein anderer Maßstab gelten kann und darf als im Bereich des SGB II.

Zitat

§ 35a SGB XII Satzung

Hat ein Kreis oder eine kreisfreie Stadt eine Satzung nach den §§ 22a bis 22c des Zweiten Buches erlassen, so gilt sie für die Höhe der anzuerkennenden Bedarfe für die Unterkunft nach § 35 Absatz 1 und 2 des zuständigen Trägers der Sozialhilfe entsprechend, sofern darin nach § 22b Absatz 3 des Zweiten Buches Sonderregelungen für Personen mit einem besonderen Bedarf für Unterkunft und Heizung getroffen werden und dabei zusätzlich auch die Bedarfe älterer Menschen berücksichtigt werden. Dies gilt auch für die Höhe der anzuerken...

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