Probleme in der Zwangsverwaltung

Die Schuldnerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke, die mit 2 in die Grundbücher jeweils in Abteilung III Nr. 2 und Nr. 15 eingetragenen Gesamtgrundschulden über insgesamt 1.100.000 DM belastet sind. In den Eintragungsvermerken heißt es: "Vollstreckbar nach § 800 ZPO". Inhaberin der Grundschulden ist nunmehr die Gläubigerin. Im Jahr 2002 wurde zugunsten der Nießbrauchsberechtigten ein Nießbrauch in die Grundbücher eingetragen. Die Gläubigerin erwirkte die Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen der Grundschuldbestellungsurkunden mit Rechtsnachfolgeklauseln auch gegen die Nießbrauchsberechtigte. Später entstand vor dem Vollstreckungsgericht Streit darüber, ob die Gläubigerin aufgrund dieser Titel einem Zwangsverwaltungsverfahren beitreten kann.

Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Gläubigerin Recht und entschied:

Hat sich der Grundstückseigentümer in einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise unterworfen, dass die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks zulässig sein soll, kann gegen den Berechtigten eines im Rang nach der Grundschuld in das Grundbuch eingetragenen Nießbrauchs eine die eingeschränkte Rechtsnachfolge ausweisende Vollstreckungsklausel erteilt werden (titelerweiternde Klausel). Die mit ihr versehene Urkunde ist ein für die unbeschränkte Anordnung der Zwangsverwaltung ausreichender Vollstreckungstitel.

Duldungstitel gegen Nießbrauchsberechtigten

Begründung: Der die Zwangsvollstreckung betreibende Grundschuldgläubiger hat für die unbeschränkte Anordnung der Zwangsverwaltung bei einem – wie hier – nachrangig eingetragenen Nießbrauch einen auf den Nießbrauchsberechtigten lautenden Duldungstitel vorzulegen. Dies ist deshalb erforderlich, weil sich der von dem Vollstreckungsgericht bestellte Zwangsverwalter den Besitz an dem der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstück verschaffen muss, damit er den betreibenden Gläubiger aus den Erträgnissen des Grundstücks befriedigen kann. Die Zwangsvollstreckung darf aber nur gegen denjenigen betrieben werden, der in dem Vollstreckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel als Vollstreckungsschuldner namentlich benannt ist. Allein diesem werden bei der Zwangsverwaltung die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen. Daher betrifft die in den Grundschuldbestellungsurkunden enthaltene Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung lediglich den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks, nicht jedoch einen Nießbrauchsberechtigten. Diesen kann der Zwangsverwalter nur dann aus seinem Besitz setzen und an dessen Stelle die Nutzungen ziehen, wenn die Zwangsverwaltung aufgrund eines auf die Duldung der Zwangsvollstreckung auch gegen den Nießbrauchsberechtigten gerichteten Titels angeordnet worden ist.

Titel­erweiternde Klausel

Die Erteilung der gegen die Nießbrauchsberechtigte gerichteten – eingeschränkten – Vollstreckungsklauseln beruht auf § 727 i. V. m. §§ 325, 795 Satz 1 ZPO. Danach kann unter bestimmten, hier gegebenen Voraussetzungen eine vollstreckbare Ausfertigung gegen denjenigen erteilt werden, der nach der Errichtung der Grundschuldbestellungsurkunde Rechtsnachfolger des in der Urkunde bezeichneten Schuldners geworden ist. Dazu zählt auch ein Nießbrauchsberechtigter. Hat dieser – wie hier – den Nießbrauch im Rang nach der Grundschuld erlangt, kann gegen ihn eine – die eingeschränkte Rechtsnachfolge ausweisende – Vollstreckungsklausel erteilt werden (titelerweiternde Klausel).

(BGH, Beschluss v. 26.3.2014, V ZB 140/13, NJW 2014 S. 1740)

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