Formbedürftig bei Einheit

Einseitige Abhängigkeit

Werden anlässlich eines beurkundungspflichtigen Grundstücksgeschäfts weitere nicht beurkundungspflichtige, unselbstständige oder selbstständige Vereinbarungen geschlossen (gemischte oder zusammengesetzte Verträge), erstreckt sich der Formzwang auf den gesamten Vertrag, sofern dieser rechtlich eine Einheit bildet. Dies ist der Fall, wenn die Vereinbarungen nach dem Willen der Parteien nicht für sich allein gelten, sondern gegenseitig abhängig sind, also miteinander "stehen und fallen" sollen.[1] Liegt keine gegenseitige,sondern nur eine einseitige Abhängigkeit der verschiedenen Rechtsgeschäfte vor, ist nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs[2] zu differenzieren:

  • Ein als solches nicht beurkundungspflichtiges Rechtsgeschäft ist nur dann beurkundungsbedürftig, wenn das Grundstücksveräußerungs- bzw. Erbwerbsgeschäft von diesem anderen Rechtsgeschäft abhängt. Nichtbeurkundung des anderen Rechtsgeschäfts führt dann regelmäßig zur Nichtigkeit beider Rechtsgeschäfte.
  • Ist umgekehrt nur das an sich nicht beurkundungspflichtige Rechtsgeschäft vom Grundstücksgeschäft abhängig, gilt das Formgebot des § 311b BGB nicht für dieses andere Geschäft.

Die Abgrenzung ist vielfach zweifelhaft und oft nur am Beispielsfall darzustellen. So bilden der Verkauf und die Bebauung des Grundstücks eine Einheit, wenn Kauf und Bau als Einheit angeboten werden.[3] Einheitlichkeit ist auch gegeben zwischen einem Bauvertrag, der auf die Bebauung eines bestimmten, vom Auftraggeber noch zu erwerbenden Grundstücks gerichtet ist und dem Vertrag über den Kauf dieses Grundstücks[4] (Fertighausfälle[5]). Auch zwischen dem Options- und Mietvertrag im Rahmen eines Mietkaufmodells[6] wird eine Einheit gesehen, genauso wie zwischen Verkauf einer Aktiengesellschaft und dem Betriebsgrundstück.[7]

Beim Bauherren- und beim Erwerbermodell sind neben dem Kaufvertrag über den Miteigentumsanteil der Treuhandvertrag und – jedenfalls beim Bauherrenmodell – der Gesellschaftsvertrag unter den Miteigentümern[8] sowie die dem Treuhänder erteilte Vollmacht beurkundungspflichtig.[9]

Vereinbarungen mit Dritten sind formbedürftig, wenn die Abrede nach dem Willen der Vertragsparteien in den rechtlichen Zusammenhang des Grundstücksvertrags einbezogen werden soll. Soll vom Käufer eine Leistung an einen Dritten erbracht werden, ist diese Abrede nur formbedürftig, wenn der Verkäufer berechtigt sein soll, die Leistung an den Dritten zu verlangen.[10]

Bauträgerkauf und Baubeschreibung

Beim Kauf vom Bauträger sind Baubeschreibung, Baupläne zu beurkunden, und zwar unabhängig davon, ob und in welchem Umfang die Bauleistung bei Vertragsschluss bereits ausgeführt ist.[11] Das gilt auch bei der Veräußerung einer Bestandsimmobilie mit Sanierungsverpflichtung, wenn Art und Umfang der Sanierungsarbeiten mit Neuarbeiten vergleichbar sind.[12]

Beim Kauf von Wohnungs- und Teileigentum vor Anlegung der Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher ist auch die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung zu beurkunden.[13]

[2] BGH, DNotZ 2000 S. 635 = NJW 2000 S. 951; BGH, MittBayNot 2001 S. 69 = NJW 2001 S. 266; BGH, DNotZ 2002 S. 944.
[3] BGH, Urteil v. 6.11.1980, VII ZR 12/80, BGHZ 78 S. 346, 348; OLG Hamm, Urteil v. 14.4.1989, 26 U 159/88, NJW-RR 1989 S. 1366.
[4] BGH, Urteil v. 16.12.1993, VII ZR 25/93, NJW 1994 S. 721.
[5] BGH, Urteil v. 16.12.1993, VII ZR 25/93, NJW 1994 S. 721; OLG Hamm, Urteil v. 10.3.1995, 25 U 73/94, NJW-RR 1995 S. 1045. Noch weitergehend: OLG Köln, Urteil v. 10.6.1996, 18 U 213/95, MittRhNotK 1997 S. 25, welches einen Verknüpfungswillen auch dann annehmen will, wenn im Fertighausvertrag der Erwerb eines Grundstücks ausdrücklich zur Voraussetzung gemacht wird und der Hersteller es übernommen hat, ein Grundstück zu vermitteln.
[7] BGH, Urteil v. 19.1.1979, I ZR 172/76, LM Nr. 80 zu § 313 BGB = NJW 1979 S. 915.
[8] BGH, Urteil v. 24.9.1987, VII ZR 306/86, BGHZ 101 S. 393, 396; BGH, Urteil v. 24.9.1992, IX ZR 195/91, NJW 1992 S. 3228.
[9] OLG Karlsruhe, Beschluss v. 28.10.1985, 4 W 75/85, NJW-RR 1986 S. 100, 101.
[12] BGH, Urteil v. 16.12.2004, VII ZR 257/03, NZBau 2005 S. 216 = BauR 2005 S. 542.
[13] BGH, Urteil v. 23.2.1979, V ZR 99/77, NJW 1979 S. 1495, 1498; BGH, Urteil v. 22.6.1979, V ZR 21/78, NJW 1979 S. 1984.

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