Leitsatz
Beim Verkauf neu errichteter Gebäude ist der über eine einfache "Grundausstattung" hinausgehende Einbau von zusätzlichen Treppen, Wänden, Fenstern, Duschen und die Errichtung von Garagen und Freisitzüberdachungen durch den Verkäufer jedenfalls dann ein Bestandteil der steuerfreien Grundstückslieferung, wenn das Gebäude dem Erwerber in dem gegenüber der "Grundausstattung" höherwertigen Zustand übergeben wird.
Sachverhalt
Eine GmbH schloss mit Erwerbern Notarverträge über den Verkauf eines Grundstücks einschließlich eines nach vereinbarter Baubeschreibung zu errichtenden Gebäudes zu einem einheitlichen Festpreis. Nach Abschluss der Notarverträge vereinbarte die GmbH mit den Erwerbern die Ausführung von Zusatzleistungen (zusätzlicher Einbau von Wänden, Treppen, Fenstern und Duschen bzw. Errichtung Garagen und Freisitzüberdachungen; Verwendung höherwertiges Material). Das Finanzamt behandelte die Sonderleistungen nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 9a UStG, weil sie nicht der Grunderwerbsteuer unterlägen.
Der Auffassung des Finanzamts hat der BFH nun widersprochen. Nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG sind unter das Grunderwerbsteuergesetz fallenden Umsätze steuerfrei. Zwar ist nach Art. 13 Teil B Buchst. g der 6. EG-Richtlinie die Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden, die vor dem Erstbezug erfolgen (Neubauten), nicht befreit. Jedoch können die Mitgliedstaaten diese Umsätze während der noch nicht abgelaufenen Übergangszeit aus Art. 28 Abs. 4 der 6. EG-Richtlinie weiterhin befreien, wovon Deutschland in den Grenzen der in § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG getroffenen Regelung Gebrauch gemacht hat.
Die Zusatzleistungen sind Bestandteil der Grundstückslieferungen. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn die "Nebenleistung" für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers ist beim Erwerb eines neu errichteten Gebäudes der über eine "Grundausstattung" hinausgehende o. g. zusätzliche Einbau durch den Veräußerer ein Bestandteil der steuerfreien Grundstückslieferung, wenn diese Zusatzleistungen mit der Grundstückslieferung insoweit in unmittelbarem Zusammenhang stehen, als die Immobilie dem Erwerber vom Veräußerer in gegenüber der "Grundausstattung"höherwertigem, umfangreicherem oder verbessertem Zustandübergeben wird. Unerheblich ist, ob die Zusatzleistungen im notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag oder gesondert vereinbart werden.
Im Übrigen sind nach dem BFH-Urteil v. 26.4.2006, II R 3/05, BStBl II 2006, 604, auch grunderwerbsteuerrechtlich Vergütungen für nachträglich vereinbarte Sonderwünsche nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG der Gegenleistung zuzurechnen.
Hinweis
Inwieweit spätere, d. h. nach Übergabe des Gebäudes erbrachte Bauleistungen unter den Befreiungstatbestand fallen können, brauchte der BFH nicht zu entscheiden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 24.1.2008, V R 42/05.