Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Überträgt der Eigentümer bei der Veräußerung eines nicht parzellierten Grundstücks eine Teilfläche ohne Ansatz eines Kaufpreises und erhält er dafür gegenüber der erwerbenden Gemeinde einen Rückübertragungsanspruch auf ein entsprechendes, parzelliertes und beplantes Grundstück, schafft er dieses im Weg des Tauschs i.S. v. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG an.
Sachverhalt
2 Brüder veräußerten ihr 16.000 qm umfassendes Acker- und Grünland an die Stadt, um es ihr zu ermöglichen, die Beplanung samt Veräußerung des entstandenen Baulands vorzunehmen. Im Gegenzug verpflichtete sich die Stadt, jedem der Brüder ein 700 qm großes Baugrundstück als Teil des hingegebenen Grundstücks zurück zu übertragen. Einer der Brüder verkaufte darauf sein Grundstück. Das Finanzamt besteuerte den Veräußerungsgewinn. Das FG folgte dem.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Vertragsauslegung durch das FG. Dieses hatte auf einen gemischten Vertrag erkannt, wenn ein unparzelliertes Grundstück gegen ein beplantes eingetauscht wird. Es liegt hierin ein entgeltliches Geschäft durch Tausch, mithin eine Anschaffung. Deshalb ist die Veräußerung innerhalb der maßgeblichen Frist steuerbar.
Hinweis
Private Veräußerungsgeschäfte sind steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten nicht mehr als 10 Jahre beträgt. Unter Anschaffung bzw. Veräußerung ist die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts zu verstehen. Zweck des Steuertatbestands ist es, innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen.
Daraus ergibt sich u.a. das Erfordernis der Nämlichkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut; da § 23 Abs. 3 EStG ausdrücklich auch Herstellungskosten erwähnt, bedeutet Nämlichkeit lediglich Identität im wirtschaftlichen Sinn. Ob Nämlichkeit gegeben ist oder ein anderes Wirtschaftsgut vorliegt, richtet sich nach einem wertenden Vergleich von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls.
Ein entgeltlicher Erwerb ist auch im Weg des Tauschs möglich. Die Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts entsprechen dabei dem gemeinen Wert des weggegebenen Wirtschaftsguts. Dagegen handelt es sich nicht um einen Anschaffungsvorgang, wenn kraft eines Hoheitsakts Grundbesitz entzogen und Ersatzland zugewiesen wird. Denn ein Anschaffungsgeschäft verlangt, dass die Erwerbshandlung des Steuerpflichtigen wesentlich von seinem Willen abhängt. So ist der Erwerb von Ersatzland im Zusammenhang mit einer Enteignung keine Anschaffung i.S.d. § 23 EStG. Am willentlichen Erwerb fehlt es auch bei Rechtsgeschäften zur Vermeidung einer Enteignung bzw. Umlegung.
Link zur Entscheidung
BFH, 13.04.2010, IX R 36/09.