Leitsatz

  1. Bei der Überlassung von Grundstücksteilen zur Errichtung von Strommasten für eine Überlandleitung, der Einräumung des Rechts zur Überspannung der Grundstücke und der Bewilligung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur dinglichen Sicherung dieser Rechte handelt es sich um eine einheitliche sonstige Leistung, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zwar steuerbar, aber gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei ist.
  2. Die Ausgleichszahlung für beim Bau einer Überlandleitung entstehende Flurschäden durch deren Betreiber an den Grundstückseigentümer ist kein Schadensersatz, sondern Entgelt für die Duldung der Flurschäden durch den Eigentümer.
  3. Die Duldung der Verursachung baubedingter Flurschäden ist eine bloße Nebenleistung zu der einheitlichen Leistung "Duldung der Errichtung und des Betriebs einer Überlandleitung", die ebenso wie jene nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit ist.
 

Sachverhalt

Ein Grundstückseigentümer gestattete 1995 der von der Bahn beauftragten Gesellschaft, auf seinen Grundstücken eine Bahnstromfernleitung zu errichten und hierfür Strommasten aufzustellen. Als Entgelt waren Einmalzahlungen von 2 491 DM für die von den Strommasten beanspruchte Fläche und von 987 DM für die Überspannung einschließlich der Bewilligung einer Dienstbarkeit vereinbart. Außerdem verpflichtete sich die Gesellschaft, "dem Nutzungsberechtigten" die beim Bau der Leitung entstehenden Flur- und Aufwuchsschäden zu ersetzen. Der Grundstückseigentümer erhielt nach diesem Vertrag insgesamt 4 443 DM, davon 965 DM als Ausgleich für Flur- und Aufwuchsschäden. Das Finanzamt behandelte die gesamte Zahlung als Entgelt für steuerpflichtige Leistungen.

Vor dem FG hatte der Grundstückseigentümer Erfolg. Dieses beurteilte die Ausgleichszahlung von 965 DM für die Flur- und Aufwuchsschäden als echten, nicht steuerbaren Schadensersatz. Im Übrigen nahm es eine zwar steuerbare, aber gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a und c UStG steuerfreie Leistung an.

 

Entscheidung

Die gegen den "Schadensersatz" gerichtete Revision des Finanzamts hatte im Ergebnis keinen Erfolg. Das FG hat zwar die Ausgleichszahlung zu Unrecht als Schadensersatz statt als Entgelt beurteilt. Da es sich aber um Entgelt für eine steuerfreie Leistung handelt, bleibt es bei der Steuerfestsetzung durch das FG.

 

Praxishinweis

Es mag nahe liegen, bei einem Leistungsbündel in solchen Duldungsverträgen die Schadensausgleichsvereinbarungen "beim Wort zu nehmen" und – zur Minderung der Umsatzsteuerschuld – als "echten Schadensersatz" aus dem Anwendungsbereich der Umsatzsteuer nehmen zu wollen. Dies scheitert aber regelmäßig – wie auch im Streitfall – an dem Gesamtkonzept der Vorgänge als einheitliche Leistung. Die Duldung der Flur- und Aufwuchsschäden ist eine bloße Nebenleistung zur einheitlichen Leistung "Duldung der Errichtung und des Betriebs einer Überlandleitung". Diese Nebenleistung ist umsatzsteuerrechtlich so zu beurteilen wie die Hauptleistung, d.h. sie ist ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 11.11.2004, V R 30/04

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