§ 7 Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse

Zur Wertermittlung und zur Ableitung erforderlicher Daten für die Wertermittlung sind Kaufpreise und andere Daten wie Mieten und Bewirtschaftungskosten heranzuziehen, bei denen angenommen werden kann, dass sie nicht durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusst worden sind. Eine Beeinflussung durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse kann angenommen werden, wenn Kaufpreise und andere Daten erheblich von den Kaufpreisen und anderen Daten in vergleichbaren Fällen abweichen.

Definitionsversuch aus WertV 88

Diese Vorschrift ist erheblich gekürzt worden, insbesondere entfällt die enumerative Aufzählung im § 6 Abs. 2 WertV 88, gleichwohl diese Aufzählung nach wie vor als Definitionsversuch für "ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse" genommen werden kann, nämlich:

„Kaufpreise und andere Daten können durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusst werden, wenn

  • sie erheblich von den Kaufpreisen in vergleichbaren Fällen abweichen,
  • ein außergewöhnliches Interesse des Veräußerers oder des Erwerbers an dem Verkauf oder dem Erwerb des Grundstücks bestanden hat,
  • besondere Bindungen verwandtschaftlicher, wirtschaftlicher oder sonstiger Art zwischen den Vertragsparteien bestanden haben…”

Nach wie vor gilt auch der Hinweis aus der WertV 88:

Beeinflussung der Kaufpreise und der anderen Daten

"Eine Beeinflussung der Kaufpreise und der anderen Daten kann auch vorliegen, wenn diese durch Aufwendungen mitbestimmt worden sind, die aus Anlass des Erwerbs und der Veräußerung entstehen, wenn diese nicht zu den üblicherweise vertraglich vereinbarten Entgelten gehören, namentlich besondere Zahlungsbedingungen sowie die Kosten der bisherigen Vorhaltung, Abstandszahlungen, Ersatzleistungen, Zinsen, Steuern und Gebühren."

Dass Daten herangezogen werden dürfen, die durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusst worden sind, wenn deren Auswirkungen sicher erfasst werden können, entfällt. Diese Vorschrift war auch nie praxistauglich.

Die Abschätzung, ob ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse vorliegen, betrifft lediglich die zur Wertermittlung herangezogenen Daten. Der konkrete Wertermittlungsfall kann jedoch durchaus ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beinhalten, z. B. in einer Vermögensauseinandersetzung zwischen Erben oder einer Vermögensübertragung innerhalb eines Unternehmens. In derartigen Fällen ist oftmals auch ein nachfolgendes Marktgeschehen im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs (siehe unten) ausgeschlossen.

Der Verkehrswert ist der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, d. h. im freien Markt am wahrscheinlichsten zu erzielende Preis. § 194 BauGB definiert den Verkehrswert als einen bestimmten Preis und nicht als Wertspanne, obwohl u. a. aufgrund von unterschiedlichem Verhandlungsgeschick der Marktteilnehmer die erzielten Preise voneinander abweichen. Im Vergleichswertverfahren wird der Verkehrswert bei dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr zuzurechnenden, gleich gewichteten Vergleichspreisen durch Mittelbildung ermittelt.

Ungewöhnliche Verhältnisse liegen auch dann vor, wenn die Entscheidung der Vertragsparteien nicht in Wahrung eigener wirtschaftlichen Interessen getroffen wurde, sondern unter Zwang, Not oder Rücksichtnahme. Die Vorschrift findet auch in allen Wertermittlungsverfahren Anwendung und hat neben den Kaufpreisen auch Mieten, Pachten und sonstige Nutzungsentgelte, aber auch die Bewirtschaftungskosten (siehe dazu den Abschnitt 10) zum Gegenstand.

Der "gewöhnliche Geschäftsverkehr" wird später im Abschnitt 2.5.4.1 näher erläutert.

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