Entscheidende Eingangsgröße im Ertragswertverfahren
Der Liegenschaftszinssatz ist mit größter Sorgfalt und überzeugender Begründung auszuwählen. Es zeigt sich, dass sich Liegenschaften anders als sonstige Kapitalien verzinsen. Der wesentliche Grund hierfür liegt in der höheren Wertbeständigkeit des Bodens gegenüber Geldvermögen. Deshalb ist der Liegenschaftszinssatz grundsätzlich geringer als der langfristige Kapitalmarktzinssatz. Man spricht auch von der "Kapitalerhaltungskomponente" im Liegenschaftszinssatz.
Faustregel: Ein halbes Prozent Änderung im Liegenschaftszinssatz lässt den Ertragswert um rund 10 Prozent variieren. |
Empirisch ableitbare Größe
Es zeigt sich, wie wichtig es ist, den korrekten Liegenschaftszinssatz sorgfältig begründet in die eigenen Kalkulationen eingehen zu lassen. Kernpunkte enthält die Definition des Liegenschaftszinssatzes in § 14 Abs. 3 ImmoWertV:
(3) Die Liegenschaftszinssätze (Kapitalisierungszinssätze, § 193 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB) sind die Zinssätze, mit denen Verkehrswerte von Grundstücken je nach Grundstücksart im Durchschnitt marktüblich verzinst werden. Sie sind auf der Grundlage geeigneter Kaufpreise und der ihnen entsprechenden Reinerträge für gleichartig bebaute und genutzte Grundstücke unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer der Gebäude nach den Grundsätzen des Ertragswertverfahrens (§§ 17 bis 20) abzuleiten.
6.1 Rechtsgrundlage
Die Ertragswertrichtlinie (EW-RL) beschreibt in Nr. 7 Abs. 1 und 2 den Liegenschaftszinssatz anschaulich wie folgt:
EW-RL
(1) Die Erwartungen der Marktteilnehmer hinsichtlich der Entwicklung der allgemeinen Ertrags- und Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt werden mit dem Liegenschaftszinssatz erfasst. Die Verwendung des angemessenen und nutzungstypischen Liegenschaftszinssatzes (§ 14 Abs. 1 und 3 ImmoWertV) dient insbesondere der Marktanpassung.
(2) Liegenschaftszinssätze werden auf der Grundlage geeigneter Kaufpreise von für die jeweilige Nutzungsart typischen gleichartig bebauten und genutzten Grundstücken und den ihnen entsprechenden Reinerträgen (vgl. Nr. 5 Abs. 1) unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer ermittelt. Dabei sind die Kaufpreise um die Werteinflüsse besonderer objektspezifischer Grundstücksmerkmale zu bereinigen. Bei der Ermittlung des Reinertrags sind vorrangig die Bewirtschaftungskosten nach Anlage 1 zu verwenden. Die wirtschaftliche Restnutzungsdauer (§ 6 Abs. 6 ImmoWertV) ist vorrangig nach Nr. 4.3.2 SW-RL in Verbindung mit Nr. 4.3.1 SW-RL zu bestimmen. Die wesentlichen Modellparameter für die Ermittlung von Liegenschaftszinssätzen enthält Anlage 2. Bei der Veröffentlichung der Liegenschaftszinssätze sind mindestens die in Anlage 2 aufgeführten Modellparameter sowie der Umfang und die Qualität der zu Grunde liegenden Daten darzustellen.
Modellparameter nach EW-RL
Der Gutachterausschuss muss demnach die Modellparameter der Anlage 2 EW-RL seinen Herleitungen zugrunde legen und dies auch an geeigneter Stelle im Geschäftsbericht nennen. Das sollte der Sachverständige immer prüfen.
6.2 Zur Herleitung im konkreten Bewertungsfall
Die Ertragswertrichtlinie (EW-RL) konkretisiert in Nr. 7 Abs. 3 den korrekten Ansatz der Liegenschaftszinssätze wie folgt:
Grundsätze
(3) Im Rahmen der Ertragswertermittlung ist der angemessene nutzungstypische Liegenschaftszinssatz zu verwenden. Hierbei gelten folgende Grundsätze:
- Vorrangig sind die vom örtlichen Gutachterausschuss für Grundstückswerte ermittelten und veröffentlichten Liegenschaftszinssätze heranzuziehen.
Regionale Vergleichbarkeit
Wird vom Gutachterausschuss für das Wertermittlungsobjekt kein geeigneter Liegenschaftszinssatz zur Verfügung gestellt, können Liegenschaftszinssätze aus vergleichbaren Gebieten verwendet werden, sofern Abweichungen in den regionalen und allgemeinen Marktverhältnissen marktgerecht berücksichtigt werden können.
- Stehen keine geeigneten Liegenschaftszinssätze nach Nr. 1 oder Nr. 2 zur Verfügung, kann der Liegenschaftszinssatz unter Berücksichtigung der regionalen Marktverhältnisse sachverständig geschätzt werden. Dabei können auch Liegenschaftszinssätze aus anderen Quellen berücksichtigt werden, wenn sie hinsichtlich Aktualität und Repräsentativität den für die jeweilige Grundstücksart maßgeblichen Grundstücksmarkt zutreffend abbilden und ihre Ableitung ausreichend nachvollziehbar dargelegt ist. In diesen Fällen ist der Liegenschaftszinssatz besonders, d. h. über das allgemeine Begründungserfordernis hinaus, zu begründen.
Diese Zusammenhänge für die Ermittlung von Liegenschaftszinssätzen lassen sich mit folgendem Schema illustrieren:
6.3 Quellen für geeignete Liegenschaftszinssätze
6.3.1 Grundstücksmarktbericht aus der Region
Grundstücksmarktberichte
Die Modellparameter sind derart stringent, dass es für längere Zeit kaum möglich sein wird, die von einem Gutachterausschuss veröffentlichten Werte unmittelbar sachgerecht in eine Wertermittlung zu übernehmen.
Ein Blick in einen exemplarischen Grundstücksmarktbericht zeigt, dass man hinsichtlich der Angabe von Modellparametern oftmals noch weit von den Anforderungen der EW-RL Anlage 2 entfernt ist.
6.3.2 Grundstücksmarktberichte aus vergleichbaren Gebieten
Die Zulässigkeit einer regionalen Vergleichbarkeit für B...