Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Leitsatz
Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ob Barlöhne oder Sachbezüge vorliegen, entscheidet sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, also danach, was der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Es kommt nicht darauf an, auf welche Art und Weise der Arbeitgeber den Anspruch erfüllt und seinem Arbeitnehmer den zugesagten Vorteil verschafft.
Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen bei einer Buchhandelskette einlösbaren Gutschein über einen in Euro lautenden Höchstbetrag für, wendet er seinem Arbeitnehmer eine Sache nach § 8 Abs. 2 Sätze 1 und 9 EStG zu.
BFH, Urteil v. 11.11.2010, VI R 21/09.
Sachbezüge liegen auch vor, wenn der Arbeitgeber seine Zahlung an den Arbeitnehmer mit der Auflage verbindet, den Geldbetrag nur in einer bestimmten Weise zu verwenden (Änderung der Rechtsprechung). Räumt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer das Recht ein, bei einer bestimmten Tankstelle auf seine Kosten tanken zu dürfen, liegt ein Sachbezug nach § 8 Abs. 2 Sätze 1 und 9 EStG vor.
BFH, Urteil v. 11.11.2010, VI R 27/09.
Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer bei einer beliebigen Tankstelle einlösbare Benzingutscheine, wendet er auch dann eine Sache nach § 8 Abs. 2 Sätze 1 und 9 EStG zu, wenn der Arbeitnehmer auf seine Kosten tankt und sich gegen Vorlage der Benzingutscheine vom Arbeitgeber die Kosten erstatten lässt.
Kommentar
BFH, Urteil v. 11.11.2010, VI R 41/10.
Der BFH hat mit 3 Grundsatzurteilen, in denen es um die Besteuerung von Tankkarten, Tank- und Geschenkgutscheinen ging, zur Unterscheidung von Barlohn und Sachlohn und in diesem Zusammenhang zur Anwendung der monatlichen Sachbezugsfreigrenze von 44 EUR Stellung genommen.
In den vom BFH entschiedenen Urteilsfällen ging es um folgende Sachverhalte:
- Der Arbeitgeber hatte seinen Arbeitnehmern das Recht eingeräumt, auf seine Kosten gegen Vorlage einer Tankkarte bei einer bestimmten Tankstelle bis zu einem Höchstbetrag von 44 EUR monatlich zu tanken,
- Arbeitnehmer hatten von ihrem Arbeitgeber anlässlich ihres Geburtstags Geschenkgutscheine einer großen Einzelhandelskette über 20 EUR erhalten,
- Arbeitnehmer durften mit vom Arbeitgeber ausgestellten Tankgutscheinen bei einer Tankstelle ihrer Wahl 30 Liter Treibstoff tanken und sich die Kosten dafür von ihrem Arbeitgeber erstatten lassen.
Während die Arbeitgeber diese Zuwendungen jeweils als Sachlohn beurteilten und angesichts der Freigrenze von monatlich 44 EUR keine Lohnsteuer einbehielten, gingen die Finanzämter von nicht steuerbefreitem Barlohn aus. Der BFH gab in allen Fällen den Steuerpflichtigen Recht. Die Frage, ob Barlöhne oder steuerbegünstigte Sachbezüge vorliegen, entscheidet sich allein danach, welche Leistung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Es komme nicht darauf an, auf welche Art und Weise der Arbeitgeber den Anspruch erfüllt und seinem Arbeitnehmer den Vorteil verschafft. Ferner sei unerheblich, ob der Arbeitgeber zur Erfüllung dieses Anspruchs selbst tätig werde, oder dem Arbeitnehmer gestatte, auf seine Kosten die Sachen bei einem Dritten zu erwerben. Deshalb lägen Sachbezüge auch dann vor, wenn der Arbeitgeber seine Zahlung an den Arbeitnehmer mit der Auflage verbinde, den Geldbetrag nur in einer bestimmten Weise zu verwenden.
Auch wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unmittelbar einen Geldbetrag überlässt, liegt eine Sachlohnzuwendung vor, falls der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber lediglich die Übernahme der Kosten für einen Sach- oder Dienstleistungsbezug oder dessen Bezuschussung beanspruchen kann, der arbeitsrechtliche Anspruch also nicht auf eine Geldleistung gerichtet ist. Ausdrücklich lehnt der BFH die Auffassung der Finanzverwaltung ab, wonach ein bei einem Dritten einzulösender Gutschein dann kein Sachbezug ist, wenn neben der Bezeichnung der abzugebenden Ware oder Dienstleistung auch ein anzurechnender Betrag oder ein Höchstbetrag angegeben ist. Angesichts der mehrfachen Bestätigung dieser arbeitnehmerfreundlichen Sichtweise wird die Finanzverwaltung der Auffassung des BFH wohl folgen (müssen).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteile v. 11.11.2010, VI R 21/09, VI R 27/09, VI R 41/10.