Leitsatz

  1. Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nicht deshalb bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in voller Höhe abzuziehen, weil der Steuerpflichtige Anlageentscheidungen ausschließlich im Arbeitszimmer trifft.
  2. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 2006 geltenden Fassung ist gem. § 9 Abs. 5 EStG auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass bei der Bestimmung des Mittelpunkts der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit auf die gesamte der Erzielung von Einkünften dienende Tätigkeit des Steuerpflichtigen abzustellen ist.
 

Sachverhalt

K bezog Einkünfte aus Kapitalvermögen, für dessen Verwaltung er Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer geltend machte. Außerdem war er als Steuerberater in anderweitigen Räumlichkeiten tätig. Er vertrat die Ansicht, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG greife nicht, weil die Vorschrift auf den Mittelpunkt der gesamten "betrieblichen und beruflichen Tätigkeit" abstelle, bei Einkünften aus Kapitalvermögen aber nicht die Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sondern die "Nutzenziehung"im Vordergrund stehe. Klage und Nichtzulassungsbeschwerde blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer waren nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG bis einschließlich 2006 grundsätzlich nur beschränkt abziehbar. Nur wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildete, konnten sämtliche Aufwendungen abgezogen werden. Dies galt nach § 9

Abs. 5 EStG sinngemäß für alle Überschusseinkunftsarten. Der Verweis in § 9 Abs. 5 EStG bedeutet, dass § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG auch bei Einkünften aus Kapitalvermögen anzuwenden ist, obwohl die Vorschrift nach ihrem Wortlaut auf den Mittelpunkt der gesamten "betrieblichen und beruflichen Tätigkeit" abstellt.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird durchaus zwischen Berufstätigkeit und Verwaltung privaten Vermögens unterschieden. Jedoch ist ein einkunftsartbezogener Abzug von Aufwendungen für häusliche Arbeitszimmer nach dem Gesetzeszweck nicht zu rechtfertigen. Vielmehr ist § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG bei Einkünften aus Kapitalvermögen – ebenso bei Vermietungseinkünften – dergestalt sinngemäß anzuwenden, dass nicht im Wortsinn auf die betriebliche oder berufliche Tätigkeit, sondern im umfassenden Sinn auf die gesamte Einkünfteerzielung abzustellen ist.

 

Hinweis

Die gleiche Frage stellt sich für die ab 2007 geltende Fassung der Vorschrift, obwohl es dabei nicht mehr um die Beschränkung des Werbungskostenabzugs der Höhe nach, sondern dem Grunde nach handelt. Die Grundsätze dieser Entscheidung gelten dafür entsprechend: Auch insoweit bedeutet der unveränderte Verweis in § 9 Abs. 5 EStG, dass das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Einkünfteerzielung aus allen Einkunftsarten darstellen muss.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 27.03.2009, VIII B 184/08

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?