Leitsatz
Die Festvergütung, die der geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Komplementär einer KG von dieser für seine Haftung nach § 161, § 128 HGB erhält, ist als Entgelt für eine einheitliche Leistung, die Geschäftsführung, Vertretung und Haftung umfasst, umsatzsteuerpflichtig.
Sachverhalt
K war alleinvertretungsberechtigte Komplementärin und Geschäftsführerin mehrerer KG ohne Kapitaleinlage. Laut Satzung erhielt sie "für ihre unbeschränkte persönliche Haftung sowie für ihre Geschäftsführertätigkeit" jeweils eine Festvergütung, die sie – anders als das Finanzamt – als umsatzsteuerfrei beurteilte. Das FG bestätigte K.
Entscheidung
Die Revision hatte Erfolg. Keines der Einzelelemente der von der K gegenüber den KG erbrachten einheitlichen Leistungen hat den Charakter eines Finanzgeschäfts. Dies gilt nicht nur für die Geschäftsführung und die Vertretung, sondern auch für die Haftung nach den §§ 161, 128 HGB.
Hinweis
Entgeltliche Leistungen können auch im Gesellschaftsvertrag vereinbart sein. Eine einheitliche Leistung liegt auch vor, wenn zwei oder mehr Einzelleistungen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung – aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers – wirklichkeitsfremd wäre.
Erhält der Komplementär aufgrund der Satzung für die Geschäftsführung, Vertretung und Haftung eine Vergütung, liegt eine einheitliche entgeltliche Leistung vor. Denn der Komplementär, der zur Geschäftsführung und Vertretung der KG berechtigt ist, haftet zwingend für deren Verbindlichkeiten. Schon wegen dieser rechtlichen Abhängigkeit liegt nach der allein maßgeblichen objektiven Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses ein einziger untrennbarer wirtschaftlicher Vorgang vor, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Weil bei Übernahme der Geschäftsführung die Haftung nicht abbedungen werden kann, ist sie insoweit rechtlich zwingend mit der Geschäftsführung und Vertretung verbunden.
Persönliche Haftung bedeutet grundsätzlich das Einstehen für die Erfüllungspflicht der Gesellschaft (sog. Erfüllungstheorie). Zwar kann im Einzelfall eine persönliche Inanspruchnahme an einem schutzwürdigen Interesse des Gesellschafters auf Freihaltung seiner Privatsphäre scheitern. Das ändert nichts daran, dass die Haftung des Gesellschafters grundsätzlich keine Geldleistungsverpflichtung ist.
§ 4 Nr. 8 Buchst. g UStG befreit "die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze". Zur Grundlage hat der EuGH entschieden, dass diese Regelung keine Sachleistungsverpflichtungen betrifft. Das ist bei der Auslegung des nationalen Rechts zu beachten.
Link zur Entscheidung
BFH, 3.3.2011, V R 24/10.