Leitsatz

Kostenschuldner für Hausgeldzahlungen ist, wer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Hausgelds im Grundbuch als "Wohnungseigentümer" eingetragen ist. Die Ausnahme hiervon für solche Ersterwerber vom teilenden Eigentümer, die eine grundbuchrechtlich gesicherte Position und den Besitz an der Wohnung erlangt haben, ist nicht auf Veräußerungen von Wohnungen aus einer vollständig und rechtlich in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft heraus (Zweiterwerb) übertragbar.

Eine Klage auf künftige Hausgeldzahlungen ist unter den Voraussetzungen der §§ 257ff. ZPO zulässig.

 

Normenkette

WEG § 28 Abs. 5

 

Das Problem

  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K macht gegen B in Bezug auf 7 Wohnungseigentumsrechte aus den jeweiligen Einzelwirtschaftsplänen Hausgeld für Januar/Februar 2017 sowie künftig fällig werdende Beträge für den Zeitraum März bis Dezember 2017 geltend. Die Wohnungseigentumsanlage besteht seit dem Jahr 1997.
  2. Das Amtsgericht (AG) gibt der Klage statt. Die Klage sei zulässig. Denn K sei durch den Verwalter wirksam vertreten. Eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung (GO) sowie die Vollmacht zum Verwaltervertrag aus dem Jahr 1996 seien zwar in ihrem Wortlaut der zwischenzeitlich geänderten Rechtslage nicht angepasst worden. Sie seien aber unter Berücksichtigung des hypothetischen Parteiwillens ergänzend dahingehend auszulegen, dass der Verwalter – wie in der Praxis die Regel – ermächtigt sei, Hausgeldforderungen für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend zu machen. Der Anspruch folge aus der Bestimmung des § 28 Abs. 2 WEG i.V.m. dem Beschluss, der die Einzelwirtschaftspläne genehmigt habe. B sei auch der richtige Beklagte. Denn die Grundsätze der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft seien im Fall nicht anwendbar. Der Rechtsvorgänger des B habe das Haus nämlich erst nach Entstehung einer Wohnungseigentümergemeinschaft aufgestockt und die 7 Wohnungseigentumsrechte im Jahr 2014 aus dem Wohnungseigentum Nummer 92 durch Unterteilung gebildet. Aus den Kaufverträgen mit den Erwerbern folge nichts anderes. Denn die Kaufverträge begründeten für B keine Schuldbefreiung, da die dortigen Verabredungen nur unter den Kaufvertragsparteien wirkten. Für die noch nicht fälligen Beträge seien die Voraussetzungen der §§ 257, 258 und 259 ZPO erfüllt.
  3. Gegen dieses Urteil wendet sich B. Der Erwerb eines Wohnungseigentums vom "Bauträger" sei kein Zweiterwerb. Dem amtierenden Verwalter fehle zudem eine Vertretungsmacht für die Zahlungsklage.
 

Die Entscheidung

Die Berufung hat keinen Erfolg! Nicht die Erwerber, sondern B schulde das Hausgeld. Der Verwalter sei auch ermächtigt, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu vertreten.

B ist Hausgeldschuldner

  1. Zur Beendigung der Alleinherrschaft des aufteilenden Eigentümers sei in der Entstehungsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine vorverlagerte Anwendung des WEG geboten, sobald die Käufer eine rechtlich verfestigte Erwerbsposition und ein berechtigtes Interesse an der Ausübung der mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte hätten.
  2. Bei der Veräußerung von Wohnungseigentumsrechten aus einer vollständig und rechtlich in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft heraus sei die vorverlagerte Anwendung des WEG hingegen abzulehnen. Soweit der BGH, (BGH, Beschluss v. 5.6.2008, V ZB 85/07, NJW 2008 S. 2639 ff.) erwogen habe, für einen gewissen Übergangszeitraum auch solche Ersterwerber vor Eintragung als Wohnungseigentümer zu behandeln, die eine grundbuchrechtlich gesicherte Erwerbsposition und den Besitz erst nach der Eintragung des ersten Erwerbers erlangen, sei diese zeitliche Grenze nach 20 Jahren jedenfalls überschritten.

Ermächtigung des Verwalters

Der Verwalter sei nach der Gemeinschaftsordnung auch in der Lage, die K zu vertreten. Es gehe nicht darum, dass sich das Gericht über das Gesetz hinwegsetzen würde, sondern um eine ergänzende Auslegung der Gemeinschaftsordnung.

Klage auf künftiges Hausgeld

K sei auch berechtigt, das künftige Hausgeld einklagen. Wie das AG zutreffend subsumiert habe, seien sowohl § 257 ZPO als auch § 258 ZPO und § 259 ZPO tatbestandlich erfüllt. Denn B habe fällige Hausgelder nicht bezahlt und gebe durch ihren nachhaltigen Verweis auf die fehlende Berechtigung des Verwalters, das Hausgeld einzuklagen, Anlass zur Besorgnis, dass er sich auch künftig der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

 

Kommentar

Anmerkung

Im Kern geht es um die Frage, wer das Hausgeld schuldet: derjenige, der ein Wohnungseigentum unterteilt oder der, der von ihm erwirbt, aber noch nicht im Wohnungsgrundbuch als Wohnungseigentümer steht. Das LG entscheidet sich für den Unterteiler. Es meint, es läge kein Fall vor, der der einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft gleichkäme. Und dem ist zuzustimmen. Die Erwerber müssen sich daher von B ermächtigen lassen, seine Rechte – etwa in der Versammlung – wahrzunehmen.

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. In der Wohnungseigentumsanlage galt eine vor dem Jahr 2005 erstellte Gemeinschaftsordnung. Der Notar sah ...

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