Leitsatz

  1. Für die Vorabausschüttung einer GmbH ist auch dann die Ausschüttungsbelastung gemäß § 27 Abs. 1 und 3 Satz 2 KStG 1991 herzustellen, wenn sie von dem später festgestellten Jahresgewinn nicht gedeckt wird. Die Rückforderung und Rückzahlung der überhöhten Vorabausschüttung ändert daran nichts (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung und von Abschn. 77 Abs. 10 Satz 6 KStR 1993).
  2. Das gilt auch dann, wenn der Gewinnverteilungsbeschluss wegen des Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbH-Rechts ausnahmsweise unwirksam ist.
 

Sachverhalt

Das Finanzamt setzte die Körperschaftsteuer der GmbH nach dem erklärten Gewinn und unter Herstellung der Ausschüttungsbelastung gemäß der §§ 27 ff. KStG 1991 auf die am 15.12.1994 beschlossene und noch in 1994 durchgeführte Vorabausschüttung von 1,3 Mio. DM durch Änderungsbescheid vom 26.3.1997 fest, mit dem es zugleich einen entsprechenden Bescheid über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1994 erließ.

Daneben hatten die Gesellschafter der GmbH weitere Gewinnausschüttungen beschlossen, aber erst nach dem Streitjahr durchgeführt. Nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der GmbH (während des Einspruchsverfahrens gegen den Körperschaftsteuerbescheid) stellte das von der Verwalterin angerufene LG die Nichtigkeit der Bilanzen der GmbH zum 31.12.1994 und zum 31.12.1995 sowie der Ausschüttungsbeschlüsse, hinsichtlich des Beschlusses vom 15.12.1994 in Höhe von 975 000 DM, fest. Daraufhin reichte die Verwalterin einen berichtigten Jahresabschluss mit einem Jahresfehlbetrag für das Streitjahr ein. Das Finanzamt erließ am 3.8.2000 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid sowie einen geänderten vEK-Bescheid unter Ansatz des erklärten (niedrigeren) Einkommens. Im Feststellungsbescheid wurden die Teilbeträge des vEK entsprechend geändert. Über den Einspruch der Klägerin gegen den geänderten Feststellungsbescheid ist noch nicht entschieden. Die gegen den Körperschaftsteuerbescheid gerichtete Klage wies das FG ab. Dagegen richtet sich die Revision der Verwalterin.

 

Entscheidung

Nach ständiger Rechtsprechung zu § 27 Abs. 1 und 3 KStG 1991 ist die Ausschüttung, für die die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist, mit dem Abfluss der Gewinnanteile vollzogen und der Besteuerung der ausschüttenden Kapitalgesellschaft zugrunde zu legen. Bei späterer Aufhebung des Gewinnverteilungsbeschlusses ist die Rückzahlung steuerrechtlich als Einlage zu behandeln[1]. Dies gilt gleichermaßen, wenn eine Vorabausschüttung – wie im Streitfall – von dem später festgestellten Jahresgewinn nicht gedeckt wird[2]. Die Herstellung der Ausschüttungsbelastung scheitert im Streitfall auch nicht daran, dass diese auf denjenigen Teilen des vEK beruht, die im Änderungsbescheid vom 3.8.2000 festgestellt worden sind. Die Bescheide konnten trotz des bereits eröffneten Gesamtvollstreckungsverfahrens ergehen. Denn nach der BFH-Rechtsprechung ist der Erlass von Steuerbescheiden (Grundlagenbescheiden) ausnahmsweise in der Zeit zwischen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zum Prüfungstermin dann zulässig, wenn sie eine angemeldete und im Prüfungstermin bestrittene Steuerforderung betreffen[3]. Entsprechendes gilt für das Gesamtvollstreckungsverfahren. Unter solchen Umständen des Bestreitens der angemeldeten Forderung gilt Gleiches – so der BFH –, wenn ein Grundlagenbescheid bereits vor Konkurseröffnung – oder wie hier vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens – ergangen ist und der (Konkurs-)Verwalter bei gegebener Verfahrenslage das analog § 240 ZPO unterbrochene Einspruchsverfahren fortführt[4]. Im Rahmen des fortgeführten Einspruchsverfahrens darf das Finanzamt dem Einspruchsbegehren gegebenenfalls teilweise folgen, entsprechende (KSt-)Änderungsbescheide erlassen und infolgedessen auch den Bescheid über die Feststellung des vEK ändern, selbst wenn dieser nicht mit dem Einspruch angefochten worden war.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung lässt im Übrigen ausdrücklich den Rechtsgrundsatz unberührt, dass das Finanzamt nach Eröffnung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens bis zum Prüfungstermin Steuern, die zur Konkurstabelle anzumelden sind, nicht mehr festsetzen und auch Grundlagenbescheide nicht mehr erlassen darf[5].

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 01.04.2003, I R 51/02

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