Rz. 11
Die Vorschrift regelt, dass der Beschluss der GV über den JA (§ 48 GenG) nur dann anfechtbar ist, wenn Gliederungs- oder Formblattvorschriften verletzt wurden und hierdurch die Klarheit des JA wesentlich beeinträchtigt wurde. Unwesentliche Verstöße sind demnach folgenlos. Die Regel schränkt § 51 Abs. 1 GenG ein (vgl. Bloehs in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 33 RN 17; Bauer § 33 RN 13).
Wann Wesentlichkeit vorliegt, richtet sich danach, ob bei einem kundigen Bilanzleser falsche Vorstellungen über wesentliche Punkte der Geschäftsverhältnisse erweckt werden. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass Gliederungsverstöße in Bilanz/GuV unter Umständen dann nicht wesentlich sind, wenn sie durch Anhangerläuterungen kompensiert werden (z. B. fehlende Untergliederungen eines JA-Postens, die im Anhang erfolgen). Wesentlichkeit eines Verstoßes kann sich einmal aus der Größenordnung des infrage stehenden Betrages ergeben, aber auch aus der Bedeutung der verletzten Vorschrift (vgl. ADS § 256 AktG RN 35 ff. m. N. zur Rechtsprechung).
In § 56 Abs. 4 AktG findet sich eine Parallelvorschrift zu § 33 Abs. 2 GenG. Anders als im GenG begründet ein wesentlicher Verstoß gegen Gliederungs-/Formblattvorgaben nicht die Anfechtbarkeit, sondern die Nichtigkeit des JA. Diese strenge Rechtsfolge gilt für GmbH – ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung – analog, da für AG und GmbH seit 1985 die gleichen Gliederungsvorschriften gelten (vgl. ADS § 256 AktG RN 101). Müller geht davon aus, dass die §§ 256 f. AktG über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit insgesamt auch für die eG gelten. Die im Vergleich zum AktG schwache Rechtsfolge bei wesentlichen Gliederungsverstößen hält er für ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers (vgl. § 33 RN 68 ff., 73). Da bei eG die GV den JA feststellt und hierfür ein in wesentlichen Punkten unklarer JA vorliegt, ohne dass die GV dies erkennen kann, spricht viel dafür, diese strenge Rechtsfolge gelten zu lassen. Es ist aber nicht zu verkennen, dass dies über den Wortlaut des Gesetzes hinausgeht; Rechtsprechung fehlt hierzu für eG bisher.
Soweit es sich nicht um Gliederungsmängel handelt, sondern der JA Verstöße gegen HGB (inkl. GoB) oder Satzung enthält (z. B. Überbewertung von VG, Unterbewertung von Schulden, unterlassene Dotierung satzungsmäßiger Rücklagen), richtet sich die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des JA nach den §§ 48, 51 GenG. Inwieweit hierbei auf die aktienrechtlichen Regelungen in §§ 256 f. zurückzugreifen ist, wie Müller dies vorschlägt, wird in §§ 48, 49, 50 RN 8 ff. behandelt. Unwesentliche Bilanzierungsverstöße rechtfertigen jedenfalls keine Anfechtung (vgl. Holthaus/Lehnhoff in LW § 33 RN 44; Bloehs in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 33 RN 19).