1 Zweck der Regelung
Rz. 1
Die Bestimmung ermöglicht es den Mitgliedern, jederzeit ohne Auseinandersetzung gem. § 73 aus der Genossenschaft auszuscheiden, da die Übertragung des Geschäftsguthabens die Eigenkapitalbasis der eG nicht berührt. Die Satzung kann die Übertragung des Geschäftsguthabens ausschließen oder von besonderen Voraussetzungen abhängig machen (Abs. 1 S. 2; vgl. auch § 8 Abs. 1 MusterS). Etwas anderes gilt nur im Rahmen von Abs. 2.
Rz. 2
Im Rahmen der Genossenschaftsnovelle 2006 wurde – abweichend von der früheren Rechtslage – auch die teilweise Übertragung des Geschäftsguthabens ermöglicht. Die hiermit eröffnete Möglichkeit, die Zahl der Geschäftsanteile zu verringern, ohne den aufwendigen Weg der Kündigung gem. § 67 b beschreiten zu müssen, eröffnet es dem Mitglied, die Zahl seiner Geschäftsanteile an den Umfang der Teilnahme am Fördergeschäft anzupassen. Zugleich wird durch den Verzicht auf die Auseinandersetzung dem Kapitalerhaltungsinteresse der Genossenschaft Rechnung getragen.
2 Die Übertragung des Geschäftsguthabens
2.1 Grundlagen
Rz. 3
Die Übertragung des Geschäftsguthabens stellt keine Übertragung der Mitgliedschaft als solche dar (Bauer § 76 RN 4; Beuthien § 76 RN 4; Lang/Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff § 76 RN 3; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 76 RN 2). Sie entspricht auch nicht der Übertragung des Geschäftsanteils. Gem. § 7 Nr. 1 handelt es sich bei diesen lediglich um den rechnerischen Höchstbetrag, mit dem sich einzelne Mitglieder durch Einlagen an der Genossenschaft beteiligen können (vgl. §§ 6, 7 RN 12). Anders als im Recht der Kapitalgesellschaften (vgl. § 15 Abs. 1 und 3 GmbHG, §§ 398, 413 BGB) ist die Mitgliedsstellung in der Genossenschaft nach geltendem Recht aufgrund der personalistischen Ausgestaltung nicht Gegenstand des Rechtsverkehrs. Die Satzung kann die Mitgliedschaft auch nicht als übertragbares Recht ausgestalten (§ 18 S. 2). Dies ist aus rechtspolitischen Gründen wenig überzeugend, da die Rechtsordnung selbst im Bereich der Personengesellschaften bei einer entsprechenden Regelung des Gesellschaftsvertrags oder bei Zustimmung sämtlicher Gesellschafter die Übertragung des Gesellschaftsanteils gestattet (BGHZ 13, S. 179 ff., 182 ff.; BGHZ 24, S. 106 ff., 114 f.; BGHZ 44, S. 229 ff., 231; BGHZ 77, S. 392 ff.; 395 ff.; BGHZ 79, S. 374 ff., 378 f.; BGHZ 86, S. 367 ff., 369 f.). Hier sollte im Wege einer künftigen Reform des Genossenschaftsrechts zumindest die Möglichkeit eröffnet werden, die Mitgliedschaft durch die Satzung als übertragbares Recht auszugestalten, um auf diese Weise einen Anreiz zum Erwerb zusätzlicher Anteile zu schaffen und die Eigenkapitalbasis der Genossenschaft zu stärken (so ausdrücklich Beuthien: DB 2000. S. 1161 ff., 1163).
2.2 Die Mitgliedsstellung des Veräußerers
Rz. 4
Eine Übertragung des Geschäftsguthabens ist nur möglich, solange der Veräußerer Mitglied der Genossenschaft ist. Nach dem Ausscheiden kommt lediglich eine Abtretung des Auseinandersetzungsguthabens in Betracht. Diese unterliegt in den Voraussetzungen und Rechtsfolgen nicht der Regelung des § 76. Allerdings ist eine Abtretung des Geschäftsguthabens nach erfolgter Kündigung oder dem Ausschluss aus der eG noch möglich, sofern das Mitglied noch nicht endgültig ausgeschieden, das für das Ausscheiden maßgebliche Geschäftsjahr also noch nicht abgelaufen ist (Bauer § 76 RN 3; Beuthien § 76 RN 5). Ist über das Vermögen des Mitglieds das Insolvenzverfahren eröffnet, so liegt die Verfügungsbefugnis über das Geschäftsguthaben gem. § 80 Abs. 1 InsO alleine beim Insolvenzverwalter (Bauer § 76 RN 3). Ist das Auseinandersetzungsguthaben gem. § 66 seitens eines Gläubigers wirksam gepfändet, so ist die Abtretung diesem gegenüber unwirksam (Beuthien § 76 RN 6; Bauer § 76 RN 3). Fällt die Mitgliedschaft nach dem Tod des Mitglieds (vgl. § 77) an eine Erbengemeinschaft, so ist nur diese insgesamt zur Verfügung befugt. Dem gemeinsamen Vertreter (§ 77 Abs. 1 S. 3) kommt demgegenüber keine Verfügungszuständigkeit zu (Müller § 76 RN 2 g). Im Falle der Testamentsvollstreckung liegt die Befugnis in den Händen des Testamentsvollstreckers.
2.3 Das Erfordernis der Mitgliedschaft des Erwerbers
Rz. 5
Eine Übertragung des Geschäftsguthabens kommt folglich nur in Betracht, wenn der Erwerber bereits Mitglied der Genossenschaft ist oder es spätestens mit dem Erwerb des Geschäftsguthabens wird (Abs. 1 S. 1). In diesem Falle bedarf es einer gesonderten Beitrittserklärung gem. § 15 Abs. 1 einschließlich der Verpflichtung gem. § 15 a und der Zulassung des Beitritts seitens der Genossenschaft. Hierüber entscheidet das nach der Satzung zuständige Organ; mangels einer gesonderten Zuweisung folglich der Vorstand (vgl. § 4 S. 2 MusterS). Ein Anspruch auf die Zulassung des Beitritts besteht weder aufseiten des Veräußerers noch des Erwerbers. Die Übertragung kann sich auf das Geschäftsguthaben als Ganzes (Vollübertragung) erstrecken oder – infolge der Erweiterung der Bestimmung im Rahmen der Genossenschaftsnovelle 2006 – auch auf die Teilübertragung einzelner Geschäftsanteile beschränken. Erfolgt die Vollübertragung, so scheidet der Veräußerer mit dem Übertragungsvorgang notwendig aus der Genossenschaf...