1 Zweck der Regelung
Rz. 1
Die Bestimmung stellt klar, dass die Mitgliedschaft – obwohl nicht Gegenstand des Rechtsverkehrs – vererblich ist und im Wege der Gesamtrechtsnachfolge von Gesetzes wegen auf den oder die Erben übergeht (Abs. 1 S. 1). Allerdings endet die Mitgliedsstellung des Erben – mangels einer entgegenstehenden Vorgabe der Satzung – mit dem Schluss des Geschäftsjahrs, in dem der Erbfall eingetreten ist (Abs. 1 S. 2). Mittels dieser ›Fristenlösung‹ bleibt es der Genossenschaft erspart, eine ›Abschichtungsbilanz‹ auf den Tag des Todes ihres Mitglieds zu erstellen. Vielmehr findet die Auseinandersetzung – wie in den Fällen der Kündigung – zum Schluss des Geschäftsjahres anhand des Jahresabschlusses statt.
2 Die Gesamtrechtsnachfolge
2.1 Grundlagen
Rz. 2
Entsprechend § 1922 BGB geht die Mitgliedschaft als Ganzes mit allen aus ihr fließenden Rechten und Pflichten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über. Dem Erben stehen folglich – trotz der Befristung – die gleichen Befugnisse zu wie seinem Rechtsvorgänger. Nicht vererblich sind die Organfunktionen, die das verstorbene Mitglied, sei es im Vorstand, Aufsichtsrat oder der Vertreterversammlung oder einem sonstigen Organ der Genossenschaft innehatte. Wer Erbe wird, bestimmt sich nach Maßgabe der gesetzlichen (1924 ff. BGB) oder testamentarischen (§§ 2064 ff. BGB) Erbfolge. Der Nachweis der Erbenstellung ist gegenüber der Genossenschaft durch die Vorlage eines Erbscheins (§§ 2353 ff. BGB) zu führen (Bauer § 77 RN 2).
Rz. 3
Soweit der Erblasser eine Vorerbschaft angeordnet hat, wird zunächst der Vorerbe Mitglied der Genossenschaft. Besteht die Mitgliedschaft noch bei Eintritt des Nacherbfalls, so geht sie mit allen Rechten und Pflichten auf den Nacherben über. Berechtigter und Verpflichteter gegenüber der Genossenschaft ist jetzt ausschließlich der Nacherbe (Bauer § 77 RN 2; Müller § 77 RN 3). Der Erblasser kann zudem Testamentsvollstreckung für seinen gesamten Nachlass oder beschränkt auf die Mitgliedschaft in der Genossenschaft anordnen. In diesem Falle werden die aus der Mitgliedschaft fließenden Rechte – einschließlich des Stimmrechts in der Generalversammlung – nach dem Eintritt des Erbfalls durch den Testamentsvollstrecker ausgeübt (Bauer § 76 a. a. O.; Müller § 76 RN 5). Dieser hat sich durch ein Testamentsvollstreckerzeugnis zu legitimieren. Die Satzung kann allerdings bestimmen, dass nur ein Mitglied Testamentsvollstrecker sein kann; sie kann zudem die Verwaltung durch einen Testamentsvollstrecker ausschließen (Bauer a. a. O.). Gleiches gilt im Falle der Nachlassverwaltung bezüglich des Nachlassverwalters (§ 1985 BGB).
2.2 Die Doppelmitgliedschaft
Rz. 4
Ist der Erbe seinerseits zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits Mitglied, so führt dies im Ergebnis bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens gem. Abs. 1 S. 2 zu einer rechtlichen ›Verdoppelung‹ der Mitgliedschaft (Müller § 77 RN 10; a. A.: Bauer § 76 RN 7). Die personalistische Ausgestaltung der Mitgliedsstellung steht dem nicht entgegen, da die hierdurch bedingte mehrfache Mitgliedschaft nur für die Übergangszeit besteht. Zudem ist die rechtliche Verselbstständigung der ›ererbten‹ Mitgliedschaft zumindest bei einer Mehrheit von Erben angesichts des Prinzips der gesamthänderischen Bindung (§§ 2032 ff. BGB) unvermeidlich (Beuthien § 76 RN 8; Müller a.a.O). Es erscheint jedoch wenig sinnvoll, im Falle des Alleinerben lediglich den Übergang der aus der ererbten Mitgliedschaft fließenden Rechte und Pflichten anzunehmen, diese selbst jedoch untergehen zu lassen (so aber Bauer § 76 RN 7; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 76 RN 5). Es ist nicht ersichtlich, wie die aus der Mitgliedschaft fließenden Rechte ohne das ›Stammrecht‹ weiter bestehen können. Bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens gilt die satzungsmäßige Beschränkung der Geschäftsanteile gem. § 7 a sowie die Begrenzung des Stimmrechts (§ 43 Abs. 3) in Bezug auf den Erben nicht (Beuthien § 77 RN 9). Dieser kann folglich das Stimmrecht aus dem ererbten Geschäftsanteil neben demjenigen aus dem eigenen Anteil ausüben (Bauer § 77 RN 7; Lang/Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff § 77 RN 12; a. A.: Müller § 77 RN 10: kein Stimmrecht aus dem ererbten Geschäftsanteil). Gleiches gilt dort, wo der Erbe nach dem Rechtsübergang durch Beitritt zur Genossenschaft einen eigenen Geschäftsanteil erwirbt bis zum Ablauf der Frist gem. Abs. 1 S. 2.
2.3 Mehrheit von Erben
Rz. 5
Sind mehrere durch Gesetz oder Testament zu Erben bestimmt, so tritt die Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB) als ›Gesamthand‹ in die Rechtsnachfolge ein. Die Verwaltung der Mitgliedschaft steht den Erben somit gemeinschaftlich zu (§§ 2038 ff. BGB). Die Erbengemeinschaft selbst ist mangels Rechtsfähigkeit kein eigenständiges Rechtssubjekt. In der Generalversammlung können die Erben ihr Stimmrecht und die daraus fließenden Befugnisse – wie das Teilnahme-, Auskunfts-, Rede- und Antragsrecht – gem. Abs. 1 S. 3 (vgl. § 9 S. 3 MusterS) nur durch einen gemeinschaftlichen Vertreter ausüben (Bauer § 77 RN 9; Müller § 77 RN 4). Dies gilt – entgegen der überwiegenden Auffassung – auch für die Anfechtungsbefugnis gegenüber Beschlüssen de...