1 Stellung der Liquidatoren und anderen Organe
Rz. 1
Wie sich aus dem Verweis in § 84 S. 1 auf §§ 26 f. ergibt, treten die Liquidatoren an die Stelle des bisherigen Vorstandes und haften analog (§ 34). Deshalb sind sie entsprechend auch für die ordnungsgemäße Buchführung (§ 33 Abs. 1 S. 1) und die Rechnungslegung zuständig.
Die Verweisungen in § 89 regeln nicht alle in Betracht kommenden Fragen. So hebt z. B. der fehlende Verweis auf § 37 nicht die Unvereinbarkeit der Aufsichtsratstätigkeit mit dem Liquidator-Amt auf (vgl. Müller § 84 GenG RN 7).
Rz. 2
Der AR behält auch in der Liquidation die Aufgabe der Überwachung der Liquidation. Die GV bleibt weiterhin das oberste Organ der Willensbildung und Satzungsregeln gelten für Liquidator ebenso wie für den Vorstand. Obwohl in § 89 nicht auf das Feststellungsrecht der GV für den JA in § 48 Abs. 1 Bezug genommen wird, hat diese sowohl für die Liquidationseröffnungsbilanz als auch die Folgeabschlüsse das unentziehbare Feststellungsrecht (vgl. Müller § 89 GenG RN 15). Eine Jahresüberschussverteilung ist während der Abwicklung nicht möglich (§§ 90 ff.).
Rz. 3
Die Liquidationseröffnungsbilanz unterliegt genauso der Prüfung durch den Prüfungsverband wie die folgenden Abschlüsse (vgl. Holthaus/Lehnhoff in L/W § 89 GenG RN 8; Müller § 89 GenG RN 16).
2 Umfang der Rechnungslegung (RL), Zuständigkeit
Rz. 4
Da mit dem Auflösungsbeschluss die Vorstandsmitglieder durch Liquidatoren ersetzt werden, sind letztere zur RL verpflichtet. Nur falls der Vorstand ausnahmsweise im Amt bleibt, bis Liquidatoren bestellt sind (vgl. § 83 RN 4), bleibt er auch insoweit verpflichtet. Zu unterscheiden sind folgende RL-Instrumente (vgl. MüKo AktG/Koch § 270 RN 7; MüKo GmbHG/Müller § 71 RN 7; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff § 71 GmbHG RN 8 ff.; Winnefeld N RN 698):
a) |
Interne RL, die sich aus dem Auftrag der Liquidatoren als Verwalter fremden Vermögens ergibt (RN 7 ff.) |
b) |
Externe RL, die öffentlich-rechtlich begründet ist und der bisherigen RL-Pflicht des Vorstandes entspricht: |
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– Schlussbilanz der werbenden eG (RN 10 f.) |
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– Liquidationseröffnungsbilanz (RN 12 ff.) |
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– Abwicklungsjahresabschlüsse (RN 22 f.) |
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– Schlussbilanz/Schlussrechnung (§ 93 RN 7) |
Rz. 5
Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass als Ausfluss der Sorgfaltspflichten auch ein gesonderter Vermögensstatus auf Zeitwertbasis zu erstellen ist. Selbst wenn dies betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, z. B. zur Planung und Kontrolle des Liquidationserfolges, ergibt sich dies nicht aus dem Gesetz. Erforderlich ist aber (für alle eG und zu jedem beliebigen Zeitpunkt) eine Überschuldungskontrolle im insolvenzrechtlichen Sinne, die in einem Liquidationsverfahren eine erhöhte Bedeutung haben kann (vgl. Deubert T RN 24; WPH II 2008 H RN 288). Zu weitgehend deshalb die Ansicht, dass ein solcher Status auf jeden Fall bei einer Eröffnung des Liquidationsverfahrens erforderlich ist (vgl. Erle/Helm Beck’sches HB GmbH § 16 RN 61). Werden nicht die bisherigen Vertretungsorgane zu Liquidatoren, ergeben sich erhöhte Sorgfaltspflichten (vgl. Kleindiek in Lutter/Hommelhoff § 71 GmbHG RN 7).
Rz. 6
Die externe RL nach der Auflösung wurde mit dem BiRiLiG für AG (§ 270 Abs. 2 AktG) und GmbH (§ 71 Abs. 2 GmbHG) neu geregelt. Abweichend von der bis dahin wohl h. M. sind Liquidationseröffnungsbilanz und Folgeabschlüsse weitgehend nach den für JA geltenden Regeln (§§ 242 ff., 264 ff. HGB) zu gestalten. Aufgrund der Tatsache, dass Liquidationen nur in Ausnahmefällen zur sofortigen Einstellung des Geschäftsbetriebs führen, erfolgte eine Angleichung an die Rechnungslegung der werbenden Gesellschaft. Nach ganz überwiegender Ansicht bringt der Gesetzgeber hiermit Grundsätze ordnungsmäßiger Liquidations-RL zum Ausdruck, die auch für Unternehmen anderer Rechtsform gelten (vgl. ADS § 252 HGB RN 35; Winkeljohann/Büssow BeBiKo § 252 HGB RN 19). Es ist zu berücksichtigen, dass die angesprochenen Regeln aus dem Recht der KapGes für Personengesellschaften und Einzelunternehmen nach ganz h. M. nicht gelten. Der einschlägige § 154 HGB betrifft ausschließlich die interne Rechnungslegung der Abwickler gegenüber den Gesellschaftern, aber nicht die externe Rechnungslegung. Für diese gelten weiterhin die §§ 238 ff.HGB (vgl. Deubert S RN 41 und 56; WPH II 2008 H RN 289). Deshalb ist für eG ganz entscheidend, ob die externe Rechnungslegung im Liquidationsverfahren sich nach dem Recht der KapGes oder der PersGes richtet, eine nur eG-spezifische Rechnungslegung kommt kaum in Betracht. Sieht man als Grund für die unterschiedlichen Anforderungen die Haftungsbegrenzung der Rechtsformen (vgl. Deubert S RN 56), so muss sich die Liquidationsrechnungslegung auch nach dem Recht der KapGes richten. Dies ist nicht nur im Hinblick auf die Gläubiger zwingend, sondern auch durch das (gemeinsame) Prinzip der Drittorganschaft begründbar. Hinzu kommt, dass durch § 89 die Regelpublizität der werbenden eG endet und eben durch die Liquidationsabschlüsse ersetzt wird. Der Unterschied besteht darin, dass das veränderte Unternehmenskonzept andere Ansatz- und Bewertungsentscheidungen erfordern kann,...